Chruschtschovs dritter Schuh

Das gleichnamige Buch basiert auf einem Ereignis, bei dem Nikita Chruschtschov, von 1953 bis 1964 Präsident der Sowjetunion, bei einer Rede vor der Uno scheinbar vollkommen in Rage mit seinem Schuh auf dem Podium rumschlug. Die Audience kam zu dem Schluss, dass jemand, der so bekloppt wäre, auch einen Atomkrieg anfangen würde, nur weil er morgens schlecht geschissen hatte und ging auf seine Forderungen ein. In Wahrheit hatte der gute Nikita den Schuh mitgebracht. Anders ausgedrückt alles Strategie des Russen. Statt Geisteskrankheit messerscharfes Kalkül, um die eigenen Ziele zu erreichen. In dem Buch werden viele weitere solcher Taktiken beschrieben, wie man Verhandlungen gewinnt oder seine Ziele erreicht, selbst wenn die eigene Position schwach und die Argumente rar sind.  

Unter deutschen Gutmenschen oder Politikern muss dieses Buch zur Pflichtlektüre gehören. Anders kann ich mir nicht erklären, wieso in diesen Zeiten Menschen immer wieder ohne vernünftige Argumente mit ihren diskussionswürdigen Überzeugungen und vollkommen überzogenen Weltanschauungen durchkommen, ohne sich erklären zu müssen (Anm.d.Red.: Ob Wladimir Putin dieses Buch gelesen hat, wird sein Geheimnis bleiben. Ich glaube aber nicht den westlichen Politikern und Medien, die so tun, als würde Putin die Ukraine bedrohen, weil er halt der Böse ist. Dabei hat die Nato ihm wie ein Hund 20 Jahre den Vorgarten umgegraben. Ich wäre ich auch langsam mit meiner Geduld am Ende, wenn sie mir jetzt auch noch auf die Veranda kacken will).

Diese Gedanken sind mir durch den Kopf geschossen, als mir diese Woche folgende Meldung in die Hände fiel. Es ging um einen Text aus einem Schulbuch für den Philosophie-Unterricht der Oberstufe in Nordrhein-Westfalen: ´Ein türkischer Familienvater in Deutschland verheiratet seine Tochter, ohne deren Einverständnis mit dem Sohn seines Bruders, um diesem eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland und damit eine Existenz zu sichern. Besprich die Situation mit deiner/m Tischnachbarin/Tischnachbarn. Welche Konflikte seht ihr darin?´

Ein bekanntes Thema bei unseren muslimischen Freunden und nicht selten, wie mir Berufsschullehrer und Ärzte schon oft berichtet haben. Junge Deutschtürkinnen, die entweder aus dem Türkeiurlaub zurückkommen und einen, ihnen vollkommen unbekannten und meist auch geistig total unterlegenen Ehemann im Gepäck haben oder einfach gar nicht mehr auftauchen und auf Nimmerwiedersehen irgendwo in Anatolien verschwunden. Dieser antiquierte Teilaspekt des Islam, in dem Frauen schon früh ´versprochen´ werden oder nach einem vermeintlichen Ehrenverlust in die Türkei abgeschoben werden, ist seit Jahren einer der größten Hemmschuhe, bei der dringend notwendigen Integration von Muslimen in die deutsche Kultur. Wenn man diese Aufgabe ernst nimmt und den seit Jahren existierenden Parallelgesellschaften in Deutschland den Kampf ansagen will, dann ist es notwendig, diesen ständigen Rückfall in die Steinzeit der Emanzipation auf den Lehrplan zu nehmen. Könnte man meinen. Doch wie zu erwarten, wurde, noch bevor die ersten Schüler über das Thema diskutieren konnten, die übliche Rassismus Debatte losgetreten. Allen voran die Föderation Türkischer Elternvereine, die sich mit Händen und Füßen und letzten Endes erfolgreich gegen diesen Schulbuchbeitrag wehrten (Anm.d.Red.: Bei dieser harmlos klingenden Vereinigung handelt es sich mitnichten um einen netten Folkloreverein , der die türkischen Traditionen den, in Deutschland seit Generationen lebenden Türken nahebringen will. Bei Themen, wie der Kritik an Erdogan-Karikaturen im deutschen Schulunterricht 2016 und in der Folge beim Vorwurf der Bespitzelung von Erdogan-kritischen Lehrern in NRW 2017, konnte man den Verein stets auf der Seite des türkischen Despoten sehen. Damit dürfte klar sein, dass die Damen und Herren aktiv die Integration behindern und sich nicht nur darauf beschränken, bei Erdogan-freundlichen Demonstrationen und den vollkommen inakzeptablen Wahlveranstaltungen in Deutschland regelmäßig Fähnchen-schwingend in der ersten Reihe zu stehen). Ende vom Lied: Der deutsche Gutmenschenmob als selbsternannter Wächter der ewigen Erbschuld sorgten umgehend dafür, dass besagte Aufgabe vom verantwortlichen Verlag als ´unnötig zugespitzt und klischeehaft´ wieder aus dem Schulbuch gelöscht wurde. Bei den bekannten Zahlen zu arrangierten Ehen von einem Klischee zu reden, kann nur als grotesk bezeichnet werden. Würde man jede Diskussion bei einer solcher Datenlage beenden, hätten wir in Deutschland auch kein Problem mit Neonazis, Analphabeten oder Corona-Opfern.

An dieser Stelle werden nun sicher einige Leser dieses Blogs einmal mehr resigniert den Kopf schütteln, wie es immer wieder einer Minderheit verblendeter Idealisten gelingen kann, die Beschäftigung mit drängenden Problemen dieses Landes zu beenden, bevor sie überhaupt beginnen konnte. Wieder andere werden sich fragen, warum ich das Thema in diesem Corona-Blog bearbeite.

Die Antwort ist einfach: Die Themen mögen sich unterscheiden, aber der Umgang des Mainstreams mit Kritik ist identisch. Wobei ´Umgang´ eher als ein Euphemismus für kackdreiste Ignoranz zu sehen ist. Indem diejenigen, die glauben auf der vermeintlich richtigen Seite zu stehen, den Sender der Kritik persönlich angreifen und diffamieren, vermeiden sie, sich mit dessen Argumenten zum Thema beschäftigen zu müssen. Seit Jahren fungiert die ´rechte Keule´ dabei stets zuverlässig und in seiner Endgültigkeit finaler als der gleichnamige Rettungsschuss. So ist es auch kein Zufall, dass auch die Kritiker der Corona-Maßnahmen seit Pandemiebeginn in die rechte Ecke gestellt wurden. Ich kann mich in zwei Jahren Pandemie nicht daran erinnern, dass irgendein Politiker des Corona-Mainstreams zu irgendeinem Zeitpunkt versucht hätte, sich ernsthaft mit einem Argument gegen Impfung oder Corona-Maßnahmen beschäftigt zu haben. Was ehrlich gesagt nicht weiter verwunderlich ist, denn auch nach Durchspielen aller Argumentationsketten und dem intensiven Recherchieren im Internet, wüsste ich nicht, wie Karl Lauterbach beispielsweise die allgemeine Impfpflicht begründen wollte. Genauer gesagt, wieso seinem Narrativ zufolge ein getesteter Ungeimpfter (3G) gefährlicher sein sollte als ein ungetesteter Geimpfter (2G) mit Impfdurchbruch, zumal die vulnerablen Gruppen selbst zu 90% geimpft sind.

Sogar Politiker, die sich, wie der Bundespräsident als Vertreter des gesamten deutschen Volkes verstehen, scheuen nicht davor zurück bei jedem öffentlichen Auftritt nicht auf die Sorgen von großen Teilen der Bevölkerung einzugehen, sondern umgehend über diffamierende oder gar gewalttätige Meinungsäußerungen zu schwadronieren, die vollkommen inakzeptabel für ihn wären. Herr Steinmeyer wird überrascht sein, aber das ist sicher auch die Attitude von 99,9% der Kritiker von Corona-Maßnahmen und Impfpflicht.

Wie weit die Diskriminierung von Kritikern der Corona-Maßnahmen geht und wie beim Protest dagegen mit zweierlei Maß gemessen wird, kann man an einem anderen aktuellen Ereignis in diesen Tagen sehen. Gestern haben wieder, wie schon anderswo in Deutschland, irgendwelche Wohlstands-satten Kinder ihre Hand mit Sekundenkleber auf den Boden geklebt. Zunächst einmal keine schlechte Idee, dann laufen sie den Leuten wenigstens nicht mit gesenktem Kopf und in Trance auf Handy starrend vor die Karre. Leider haben, dank Corona alle unter 18 Jahren gerade zu viel Zeit und halten sich für Klimaaktivisten (Anm.d.Red.: Ohne den genauen Herstellungsprozess von Sekundenkleber zu kennen, das Umweltsiegel wir er sicher nicht gehabt haben). Somit klebten Ihre Hände nicht in irgendeinem Hinterhof, sondern auf der Straße und versperrten so eine belebte Autobahnausfahrt in der Hauptstadt, was natürlich umgehend zu einem Verkehrschaos führte. Ich möchte an dieser Stelle vorausschicken, dass ich viele Intensionen von Demonstranten und Aktivisten nicht teilen kann. Trotzdem ist nachzuvollziehen, dass bisweilen Aktionen nicht ganz konform der geltenden Gesetze ablaufen können, wenn beispielsweise andernfalls vollendete Tatsachen geschaffen werden. So ist zu verstehen, dass man sich an einem Baum kettet, wenn man den Hambacher Forst retten will oder ein Haus besetzt, das man vor dem Abriss schützen will oder auf den Mangel an bezahlbaren Wohnraum aufmerksam machen will. Auch ist es schwierig

Wenn man allerdings seine Hand auf eine Berliner Autobahnausfahrt klebt oder sich wie damals in Gorleben an Bahngleise kettet, will man natürlich nicht auf infrastrukturelles Problem aufmerksam machen, sondern schlicht und einfach anderen seinen Willen aufzwingen. Das erfüllt dann den Tatbestand der Nötigung, denn der Demonstrant für seine Sache nimmt unbeteiligte und meist andersdenkende Autofahrer in Geiselhaft für die eigenen Sache. Das ist eine komplett andere Sachlage und ich hätte kein Problem damit gehabt, wenn jemand die Blagen unter Verlust der obersten Hautschicht der linken Hand entsorgt hätte.

 

Nun war nicht die Anprangerung totalen pädagogischen Versagens bei einer Generation, die nie gelernt haben, für ihr eigenes Handeln Konsequenzen zu übernehmen, nicht die Attitude meines Kommentars. Das eigentlich Ärgerliche an dem Vorfall war die Berichterstattung hinterher. In den Medien sprach man bezüglich der FfF-Aktivisten in Berlin von zivilem Ungehorsam und zeigte Verständnis für diesen Gesetzesverstoß. Schließlich würde friedlicher Protest nicht gehört und wenn man nur brav gemäß den Regeln demonstriere, würde man schließlich nichts erreichen. Da fragt man sich doch als ebenso friedlicher Montagsdemonstrant gegen die Corona-Maßnahmen, was man so anders gemacht hat, um von der eigenen Regierung als gefährlich für die Demokratie eingestuft zu werden? Insbesondere wenn man genau die Auflagen, wie Kontaktverbot, Maskenpflicht und Abstandsregeln missachtet, die das Pandemiegesetz vorschreibt, gegen das man gerade demonstriert! Schönes Wochenende!