Zaungäste

Ganz Europa hat sich mit Corona durchseucht. Ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen Spießern bevölkertes Land hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten! (Anm.d.Red.: Sehr frei nach Seite 1 der Asterix Heftchen). Wäre das hier ein Comic, würde ich mir so in etwa die Einleitung vorstellen.

Nach Spanien plant nun auch Dänemark die Pandemie spätestens zum Frühjahr für beendet zu erklären und ist aktuell fleißig am Durchseuchen. Umso absurder mutet das Verhalten der Verantwortlichen in diesem Lande an, die, ungeachtet aller Fakten zur aktuellen Omikron-Variante die Maßnahmen gegen die Pandemie im Tages-Rhythmus verschärfen. Egal, ob die auflagenstarke Bild-Zeitung den Berg von Lügen bei Corona-Regeln und Zahlen anprangert, egal, ob langsam sogar der letzte Vollidiot sich fragt, wieso man sich impfen soll, wenn sich gleichzeitig die Zahl der Impfdurchbrüche bei den Booster-Impfungen vervielfacht und egal, ob die anderen Länder mit 2000er Inzidenzen und hohen Impfquoten vorleben, dass nichts, aber auch gar nichts vor der Durchseuchung mit Omikron schützt. Der Bundesgesundheitskaspar macht unbeeindruckt weiter mit seiner, schon seit Delta gescheiterten Null-Covid-Strategie und faselt davon, dass man eine Durchseuchung in Deutschland wegen der hohen Zahl an Ungeimpften nicht in Kauf nehmen kann. Das Dumme ist nur, Omikron ist lange nicht so beeindruckt von den Fachkenntnissen, die sich Karl irgendwo in Laboren theoretisch erworben hat.

Wer dachte, mit dessen gestriger Ankündigung, eine vierte Impfung noch vor Ende des Boostern mit einem nicht angepassten Impfstoff einzuleiten, wäre ein vorläufiger Höhepunkt der Corona-Schmierenkomödie in Deutschland erreicht, der musste bereits einen Tag später erkennen, dass noch Luft nach oben ist (Anm.d.Red.: Nach ersten Rückmeldungen von mir bekannten Ärzten, wird sich hier niemand eine vierte Impfung mit einem nicht angepassten Impfstoff unterziehen. Eine vollkommen sinnvolle und damit verständliche Entscheidung, wie ich finde. Allerdings gilt eine Impfpflicht für medizinisches Personal. Das Thema verspricht noch spannend zu werden).

Heute Morgen wurde nämlich der nächste Gipfel der Unverfrorenheit erklommen, als der Präsident des Bundestages, ausgerechnet einen Tag vor der ersten Fragestunde des Bundeskanzlers verbindlich und ohne Ausnahme 2G+ für alle Sitzungen erließ. Ungeimpften Abgeordneten wird damit der Zutritt zum Plenarsaal untersagt und sie können den Sitzungen nur noch von der Zuschauertribüne aus beiwohnen. Dieser Beschluss ist allein handwerklich schon vollkommen abstrus, da er die geltenden Regeln, die die Regierung selbst erlassen hat, pervertiert. Schließlich handelt es sich auch beim Bundestag schlicht und einfach um einen Arbeitsplatz (Anm.d.Red.: Diese Definition muss akzeptiert werden, auch wenn viele unserer Volksvertreter bekanntlich nicht unbedingt durch übermäßigen Arbeitseifer auffallen). Also muss nach geltender Gesetzeslage 3G gelten. Auf der Zuschauertribüne dagegen, das wissen wir aus dem Fußballstadion, gilt mindestens 2G. Man hat also den Schildbürgerstreich vollbracht, dass fortan ungeimpfte Abgeordnete aus einem ausgewiesenen 3G Bereich in einen 2G+ Bereich vertrieben werden. Dämlicher geht es nun wirklich nicht.

Aber auch von allen anderen Seiten beleuchtet, findet sich kein Argument für diese Maßnahme. Einen Unterschied zwischen getesteten Geimpften und Ungeimpften zu machen, hatte von Anfang an keinen nachweisbaren Pandemieschutzeffekt, sondern diese Diskriminierung Ungeimpfter diente bis zum heutigen Tag immer dem Zweck die Bevölkerung zur Spritze zu treiben. Inzwischen, da laut RKI- Wochenberichten bei Omikron die Zahl der Impfdurchbrüche bei Geimpften täglich höher ist als die Neuinfektionen bei Ungeimpften, ist diese Unterscheidung ohnehin zu einer Farce verkommen, die in normalen Zeiten schon längst von einem Gericht hätte kassiert werden müssen.

Es ist fast schon zu offensichtlich, wie mit diesem Vorgehen jetzt, wo sich in Deutschland immer mehr Stimmen gegen die aktuellen Coronamaßnahmen und die Impfpflicht erheben, versucht wird, das Unvermeidliche noch ein wenig hinauszuzögern.  Indem man die Ungeimpften und damit wahrscheinlich ausschließlich Kritiker der aktuellen Corona-Politik, wie beispielsweise Sahra Wagenknecht und vermutlich großen Teile der AfD, auf die Tribüne verbannt, versucht man unbequeme Fragen bestmöglich zu unterdrücken und Zeit zu gewinnen. Die Zeit nutzt die Regierung, um trotz vollkommener Sinnlosigkeit an Plänen zu einer Impfpflicht und der vierten Impfung zu schrauben. Außerdem muss man noch ein paar unsinnige Corona-Regelungen erlassen. Schließlich hat man von der alten Regierung die gute Tradition übernommen, angesichts explodierender Infektionszahlen so lange irgendwelche Maßnahmen zu beschließen, bis die Infektionszahlen schließlich wieder sinken (Anm.d.Red.: Da durch Omikron die Corona-Saison dieses Jahr rasanter verläuft, stehen die Chancen gut, dass wir bereits im März, statt wie sonst im April/Mai auf ein Ende der Corona-Saison 21/22 hoffen dürfen). Das altbekannte Spiel in den letzten Wellen, wonach die zuletzt erlassene Einschränkungs-Maßnahme als der große Wurf gefeiert wurde, der das Gesundheitssystem schließlich doch noch vor dem Kollaps bewahrte. In dieser Welle ist es zwar die Infrastruktur, die angeblich gerettet werden muss, aber die perfide Idee ist weiterhin nutzbar.

Ich bin sicher, dass sich Olaf Scholz nicht dagegen gewehrt haben wird, dass morgen die schärfsten Kritiker  seiner Corona-Politik auf der Tribüne sitzen (Anm.d.Red.: Ich konnte bislang nicht herausfinden, ob man von dort oben Wortmeldungen abgeben oder an Abstimmungen teilnehmen kann. So oder so, schaden wird es dem Bundeskanzler sicher nicht). Man darf sich nichts vormachen, diese Diskriminierung ungeimpfter Abgeordneter ist ein Schlag in das Gesicht der Demokratie, zumal damit auch ihr Impfstatus öffentlich gemacht wird. Bislang war der Privatsache, weil man als ungeimpfter Abgeordneter mit einem negativen Schnelltest unerkannt in den Plenarsaal kam. Das hätte ein jähes Ende, wenn man fortan den Impfstatus eines Abgeordneten an seinem Sitzplatz erkennen würde: Plenarsaal, geimpft und genesen – Tribüne, ungeimpft!

 

Die AfD hat umgehend gegen die Entscheidung geklagt und man kann nur hoffen, dass sie Erfolg haben wird. Es sind schon düstere Zeiten, wenn man als Demokrat, mit einem ansatzweise intakten Rechtsempfinden, einmal mehr auf den Gerichtserfolg einer semi-demokratischen Partei hoffen muss.