Ich habe mich über Ostern endlich einmal an die Vorgaben der Bundesregierung gehalten. Karl Lauterbach wäre stolz auf mich. Von Karfreitag bis Ostermontag habe ich mich täglich nur mit maximal zwei Personen aus fünf Haushalten getroffen – Kinder unter 14 Jahren natürlich nicht mitgerechnet. Vielleicht war es auch umgekehrt, aber ich denke der gute Wille zählt.
Die Regierungsmaßnahmen haben die Pandemie ohnehin zu keinem Zeitpunkt aufgehalten. Ich weiß nicht, ob es noch jemandem auffällt, aber wir sind schließlich schon seit vier Monaten in einem wirkungslosen Lockdown, der anfangs nur zwei Wochen dauern sollte. Auf diesen Schönheitsfehler haben auch am Osterwochenende wieder viele Demonstranten hingewiesen, die sich wieder zu zehntausenden ohne Maske und Abstand getroffen hatten, um friedlich gegen den Corona-Maßnahmen-Wahnsinn zu demonstrieren. Auch wenn es von den Coronatikern scharfe Kritik hagelte, hat sich die Polizei erneut angenehm zurückgehalten und nicht versucht gegen das angeblich gefährliche Verhalten der Demonstranten vorzugehen. Auch hier dürfte inzwischen angekommen sein, dass eine Ansteckung unter freiem Himmel quasi nicht existent ist und Versammlungen im Freien ungefährlicher sind als private Treffen in Innenräumen. Wenn schon die Legislative hohl dreht, hat sich wenigstens die Exekutive noch ein wenig gesunden Menschenverstand bewahrt.
Ungeachtet des geringen Erfolges, aber getrieben von seinen schlechten Umfragewerten in der K-Frage ist Armin Laschet gestern auf die glorreiche Idee gekommen, den bisher wirkungslosen Lockdown mit neuem Namen erneut ins Rennen zu schicken. So forderte er gestern einen sogenannten ´Brücken-Lockdown´. Was er genau damit meint, bleibt vorerst sein Geheimnis, aber es wird wohl nichts anderes sein, als der bisherige Blödsinn, nur noch erweitert um ein paar neue Ungeheuerlichkeiten, wie beispielsweise eine bundesweite Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr morgens. Dabei war er noch letzte Woche auf Konfrontationskurs zu Corona-Heiland und Lockdown-Papst Markus Söder gegangen und hatte sich für Lockerungen überall dort ausgesprochen, wo es die Inzidenzen zulassen und die Bevölkerung sich permanent testet. Dieser Mut währte aber nur wenige Tage, bevor er scheinbar Angst vor der eigenen Courage bekam. Damit ist auch Armin Laschet schon wieder in der Koalition der Vorsicht untergetaucht. Ich denke, es ist genau diese Wankelmütigkeit, mit der er sich im Kampf um die Kanzlerkandidatur der Union selbst eine Stock nach dem anderen in die Speichen steckt.
Mit dem Umschwenken von Armin Laschet ist der saarländische Ministerpräsidenten-Hansi inzwischen ziemlich allein auf weiter Flur, als er heute wie angekündigt den Lockdown teilweise beendet hat, indem er Außengastronomie, Kultur, Kino etc. für Menschen mit negativem Schnelltest wieder geöffnet hat. Fortan wandelt er nun auf einem sehr schmalen Brett, denn auch weiterhin sind die Inzidenzen das Maß aller kranken Dinge. Die liegen im Saarland derzeit bei 87 und sind im Steigen begriffen. Da deshalb auch schon Tübingen mit seinem Modellprojekt bereits ein wenig ins Schleudern geraten ist, steht auch im kleinsten Bundesland Schlimmes zu befürchten (Anm.d.Red.: Ich habe übrigens größte Zweifel, dass die saarländische Inzidenz wirklich unter 100 liegt. Während das saarländische Testzentrum, in dem ich mich nach dem Urlaub in der Schweiz testen ließ, einen professionellen Eindruck hinterlassen hat - siehe dazu mein Blog vom 26.02.21, ´Grenzerfahrungen´ - musste ich am Freitag lernen, dass auch 15 Monate nach Pandemiebeginn noch immer Schwachmaten am Teststäbchen arbeiten, die nach wie vor nicht wissen, dass das Coronaviren-Depot im Rachen und nicht in der Stirnhöhle liegt. Hier werden nach wie vor falsch-negative Testergebnisse kreiert, dass die Schwarte kracht. Bei so viel Dilettantismus fehlen einem die Worte und man muss sich ernsthaft fragen, ob das dokumentierte Pandemiegeschehen irgendwann einmal der Realität entsprochen hat). Es ist ein netter Versuchsballon eines Union-geführten Bundeslandes. Scheitert Tobias Hans, ist es nur im kleinsten Bundesland passiert und man kann das Ganze als einen dummen Vorstoß eines einzelnen Ministers abtun, der ohnehin noch nicht einmal rechtmäßig gewählt wurde. Kommt das Saarland mit der Nummer durch und rettet sich in den ´Viren-reduzierten´ Sommer, hätte sich gerade Armin Laschet damit brüsten können. Vor diesem Hintergrund ist sein gestrige Rückzieher noch weniger zu verstehen, hat er sich doch eine der letzten Chancen genommen, sich gegen Markus Söder in der K-Frage zu positionieren.
Derweil geht das Impfdesaster weiter. Man hat immer noch nicht genug Impfstoff von den wirksamen Sorten, sondern verimpft nach wie vor AstraZeneca, obwohl es weitere Fälle von Sinusvenenthrombose gibt (Anm.d.Red.: Die EMA hat heute Zusammenhänge zwischen AstraZeneca und den Thrombosen bestätigt. In diesem Zusammenhang eine kurze Anmerkung zu den Aussagen in den Medien hinsichtlich der Haftung. Es ist definitiv nicht so, dass der Bund bei einer Komplikation mit AstraZeneca haften würde. Diesen Eindruck versuchen gerade einige Regierung-nahe Experten zu erzeugen, um den Impfstoff unters Volk zu bekommen. Dabei handelt es sich um eine dreiste Lüge. Denn der Bund haftet nur bei einer Notfallzulassung, die im Falle aller verfügbaren Impfstoffe, wahrscheinlich aus eben diesem Grunde zu keinem Zeitpunkt angestrebt worden war. In allen anderen Fällen haftet das Pharmaunternehmen. Da aber jeder Impfling eine entsprechende Erklärung unterschreiben muss, dass er über die bestehenden Risiken aufgeklärt wurde, dürfte sich diese Möglichkeit auch als eher unrealistisch erweisen. Wer schon mal ein Pharmaunternehmen nach unerwarteten Nebenwirkungen verklagt hat, dürfte wissen, wovon ich rede). Die Wirksamkeit liegt bekanntlich nur bei etwa 60% und das Vakzin ist gegen die südafrikanische Variante nahezu wirkungslos. Es muss also vermutet werden, dass es der Regierung hier weniger um den Impfschutz selbst, sondern mehr darum geht, hohe Impfquoten zu generieren, um das ständige Versagen bei der Impfkampagne ein wenig zu kaschieren.
Vor diesem Hintergrund ist es ebenfalls faszinierend, wie vielen Menschen es scheinbar vollkommen egal ist, was sie in den Arm bekommen. Die Erwartung eines wirksamen Corona-Schutzes kann es schließlich nicht sein, zumal es sogar für den letzten Deppen nahezu unmöglich sein dürfte, die AstraZeneca Diskussion in den Medien nicht mitzubekpommen. Ich vermute deshalb, dass die Betreffenden sich mit der Impfung nur eine schnellstmögliche Rückkehr zu alten Freiheiten erhoffen. Dabei ist schon jetzt sehr wahrscheinlich, dass der langsame Impffortschritt und die hohe Wahrscheinlichkeit von weiteren Mutationen einerseits und machttaktische Spielchen andererseits diese Hoffnung noch sehr lange enttäuschen werden. Ich persönlich bin sogar der Meinung, dass wir nie wieder zu den Prae-Corona-Zuständen zurückkehren werden. Nicht nur, dass zukünftig jeder dahergelaufenen Wald-und-Wiesen-Virus zu Masken und Abstand führen wird, sondern auch viele Handlungsweisen, wie Homeoffice und Online-Shopping sich derart in der Pandemie etabliert haben, dass ein vollständiges Zurück gar nicht mehr möglich sein wird.
Impfstoffknappheit hin, AstraZeneca Nebenwirkungen her, heute begann dann endlich die Belieferung der Hausärzte mit Impfstoff (Anm.d.Red.: Übrigens ausschließlich Biontech-Pfizer). Ein Nachricht, die sich gut anhört, aber auf den zweiten Blick wie üblich mehr Augenwischerei, als eine wirkliche Verbesserung der gesamten Impfsituation darstellt. Das liegt nicht nur am Impfstoffmangel, der nach wie vor herrscht, denn die beteiligten Hausärzte erhalten in dieser Woche im Durchschnitt mal gerade 26 Impfdosen. Geradezu grotesk wird die ganze Sache aber, wenn man sich den administrativen Aufwand ansieht. Auch wenn Dr. Gassen, seines Zeichens Vorsitzender der kassenärztlichen Bundesvereinigung, heute, wahrscheinlich nach entsprechender Ansage aus Kreisen des Bundesgesundheitsministeriums, gute Miene zum dilettantischen Spiel machen musste, ist es ein Fakt, dass jeder Hausarzt mit der Impfung ein echtes Problem hat. Für die Impfung mit Anamnese, dem Aufklärungsgespräch, das auf drei Seiten Belehrung basiert, sowie der Meldung an die Krankenkasse benötigt er pro Patient eine halbe Stunde und erhält dafür 20 Euro. Anders ausgedrückt stehen dem Arzt 40€ pro Stunde zur Verfügung, um alle Tätigkeiten in seiner Praxis in Bezug auf die Impfung abzudecken. Dazu muss die Meldung an die Krankenkasse tagesaktuell bis 0 Uhr erfolgen, ansonsten zahlt die Krankenkasse überhaupt nicht. Dank dieses Bürokratiemonsters habe ich bereits von niedergelassenen Ärzten gehört, dass man sich, nach einer kurzen Kosten/Nutzen-Abschätzung gegen eine Beteiligung an dieser Impfkampagne entschieden hat. Das Impfen in der Hausarztpraxis scheint also Stand heute, wie schon andere glorreichen Ideen in dieser Pandemie, ein Rohrkrepierer zu werden.
Zum Vergleich, ein Arzt im Impfzentrum erhält pro Stunde 150 Euro und muss nur das Aufklärungsgespräch führen. Für alle anderen Tätigkeiten hat er Krankenschwestern und andere Helfer, die separat entlohnt werden. Angesichts dieser Verdienstmöglichkeiten in den Impfzentren der Republik kann ich jedem, der durch Heirat oder sonstige glücklichen Umstände Zugriff auf einen Arzt haben sollte, empfehlen, diesen am Wochenende oder nach Dienst noch ein wenig auf dem Impfstrich anschaffen zu lassen. Einfacher kann man in diesen Pandemiezeiten kein Geld dazuverdienen.