Blues Sister

Angela Merkel hat sich gestern den Fragen von Anne Will gestellt. Genauer gesagt, Anne Will hat gestern die Fragen gestellt, die sie zuvor von der Bundeskanzlerin oder einem ihrer Schergen*innen vorgegeben bekommen hat. Das weichgespülte Interview war gerade soweit mit unterschwelliger Kritik versehen, dass es nicht wie eine Werbeveranstaltung für die Bundeskanzlerin rüberkam, aber gleichzeitig genug Ansatzpunkte lieferte, damit Angela Merkel ihren sturen Kurs verteidigen und den Landesministern die Schuld für das Regelungs-Chaos zuschieben konnte und sie für ihre Lockdown-Pläne sturmreif zu schießen. Auch wenn einige der getroffenen Hunde heute Morgen brav bellten, wer jetzt glaubt, dass die Hauptintension dieses Schaukampfes bei Anne Will das Böshunden der Länderchefs gewesen sei, der irrt gewaltig (Anm.d.Red.: Unliebsame Personen abschießen  macht die Bundeskanzlerin subtiler, persönlich und für den Betreffenden meist politisch letaler). Wenn die Kanzlerin sich herablässt in einer Talkshow aufzutreten, dann um sich das gemeine Volk zurechtzulegen. Im aktuellen Fall ist dieser Fernsehauftritt die Fanfare für diverse neue Einschränkungen, die höchstwahrscheinlich spätestens nach Ostern auf uns zukommen werden.

Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass nicht nur Tobias Hans sein Modellprojekt im Saarland zu Grabe tragen darf, bevor es begonnen hat, sondern auch jegliche Befürworter von neuen Kennwerten, wie etwa den der Intensivbettenbelegung, sieht jegliche zarten Hoffnungen auf Einsicht im Keime erstickt. Da kann es schon fast als generös bezeichnet werden, dass Angela Merkel neben der 7-Tages Inzidenz, mit seinen bekannten Unzulänglichkeiten, noch den R-Wert als zweiten Kennwert zulässt. Zur Erinnerung, der R-Wert war der, der schon in der ersten Welle seine Sinnlosigkeit fulminant bewiesen hat, weil er nie zum aktuellen Infektionsgeschehen passte. Ich bin skeptisch, ob in einer Pandemie die mathematische Gesetzmäßigkeit ´aus minus/minus wird plus´ Gültigkeit beanspruchen darf. Ich befürchte eher, dass hier Pest und Cholera kombiniert werden (Anm.d.Red.: Erinnernt mich irgendwie an Bob´s Country Bunker in dem Film ´Blues Brothers´, als Elwood und Jake sich beim Besitzer nach der Musikrichtung in dessen Laden erkundigen. Die freudige Antwort: ´Wir haben beides hier: Country und Western!).

Wer jetzt glaubt, Angela Merkel sei in einem Corona-Wahn gefangen und will aus Panik vor dem Virus die Deutschen wegsperren, der irrt gewaltig. Man darf sich nichts vormachen. Wir haben ein Superwahljahr. Die Opposition kann leicht mit den zahlreichen Corona-Pannen beim Impfen und Testen Wahlkampf machen. Hinsichtlich der Einschränkungen und Lockdown-Maßnahmen halten sie sich mit Kritik vornehm zurück. Zum einen würde man schnell Gefahr laufen von Leuten wie Söder oder Lauterbach zum Mörder der Alten und Kranken gemacht zu werden, andererseits kann einem diese Haltung auch mal schnell auf die Füße fallen, da sie in verschiedenen Landesregierungen mitverantwortlich für diese chaotischen Beschlüsse ist.

Die Bundesregierung selber hat nur eine einzige Möglichkeit gegen die sinkenden Umfragewerte im Hinblick auf die Bundestagswahl anzukämpfen. Indem sie den bestehenden Corona-Kurs weiter verschärft. Ein Beibehalten des aktuellen Umganges mit der Pandemie würde der politische Gegner bei steigenden Infektionszahlen als Untätigkeit auslegen, ein Umschwenken auf andere Kennwerte und damit Wiederöffnung vieler Wirtschaftsbereiche käme dagegen dem politischen Selbstmord gleich, zumal man zugeben würde, man hätte vorher die falsche Strategie gefahren. Außerdem dürften die Infektionszahlen noch weiter steigen, was diese Strategie sehr gefährlich, weil angreifbar macht.

Die Verschärfungen sind also der einzige Weg, allerdings nur Bundestagswahl-förderlich, wenn die Bevölkerung an die Sinnhaftigkeit glaubt. Das schafft die Bundesregierung aber nicht mit logischen Corona-Regeln, wie es Medienvertreter gerne in ein Volk hineinidealisieren. Nach über einem Jahr Pandemie ist jeder mürbe und außerdem galten die Regelungen bei einer überwältigenden Mehrheit der Deutschen ohnehin eher für die anderen. Also greift die Bundesregierung zu dem Mittel, was auch bisher in der Pandemie super geklappt hat – die Angst!

Allerdings hat man vor ein paar Wochen eingesehen, dass das Winken mit der dritten Welle allein keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlockt (Anm.d.Red.: Bekanntlich halte ich die dritte Welle ohnehin für ein Wiederaufflammen der zweiten Welle. Vorausgesetzt man will diese so nennen. Ich bevorzuge den Ausdruck ´aktuelle Corona-Saison´, die, wie jedes Jahr im Frühsommer enden wird). Die neue Strategie wird gerade dergestalt verfolgt, indem die Bundesregierung seit letzter Woche, unterstützt von den Virologen ihres Vertrauens, dem RKI und Intensivmedizinern wie Prof. Janssens eine komplett neue Pandemie propagiert. Da kommen die Mutanten gerade recht. Jeder Krimi lehrt, dass  man niemandem besser die Schuld für alles in die Schuhe schieben kann als einem Neuankömmling, über den alle vorgeben nichts wissen, außer, dass er irgendwo auf der Welt schon mal ganz übel unterwegs war.

So tauchen inzwischen fast täglich neue Horrormeldungen auf, was wahlweise die sudafrikanische, brasilianische und britische Mutante an Teufelswerk im Gepäck hat. Das hat harmlos mit einer höheren Ansteckung angefangen, ging über die Wirkungslosigkeit des Impfstoffes von AstraZeneca gegen die sudafrikanische Variante und endete inzwischen bei einer bis zu 10 mal höheren Sterblichkeit bei den Ü60-jährigen (Anm.d.Red.: Das Impfrisiko von AstraZeneca wird dagegen nach wie vor ignoriert). Damit auch alle Angst bekommen, wurde auch noch lanciert, dass alle Mutanten 10% der Infizierten mit langfristigen Krankheitsbildern schlagen. Diesem Effekt hat man den griffigen Begriff ´Long-Covid´ gegeben. Ich bin gespannt, was demnächst noch so kommt. Wahrscheinlich findet man raus, dass die britische Variante hässlich macht und die Ohren abstehen lässt. Das würde erklären, wieso diese gefährlichen Auswirkungen im Vereinigten Königreich noch nicht aufgefallen sind (Anm.d.Red.: Wenn wir schon beim Wunschkonzert sind. Ich würde mir wünschen, dass eine Mutante 50% der Weltbevölkerung unfruchtbar macht. Das würde dem Planeten langfristig wenigstens vor der Überbevölkerung und damit dem Untergang bewahren).

Franz Josef Strauß hat es auf den Punkt gebracht: `Wer die Menschen verwirrt, wer sie ohne Grund in Unsicherheit, Aufregung und Furcht versetzt, betreibt das Werk des Teufels´ (Anm.d.Red.: Man kann vom guten Franz-Josef halten, was man will. Gerade in der heutigen Political Correctness Zeit hat man Männer wie ihn verstärkt auf dem Kieker. So kochen gerade wegen eines Zitates aus den 80ern die Gemüter bei einigen selbsternannten PC-Hütern wieder hoch: ´Wir Schwarzen müssen zusammenhalten´. Damit wirft man Strauß posthum aktuell wieder seine Spetzel-Wirtschaft mit dem Diktator in der ehemaligen deutschen Kolonie Togo vor. Ich möchte mich dahingehend nicht weiter einlassen, da ich die Hintergründe nicht kenne, aber man sollte sich gerade im Hinblick auf die heutigen Konflikte in Afrika fragen, inwieweit die Demokratie grundsätzlich für gewisse Religions- und Ethnien-Kombinationen immer das beste politische System ist). Die Aussage mag etwas überspitzt formuliert sein, aber wenn man aus dem zeitlichen Kontext der 80er übersetzt, bleibt einfach die, auch heute noch passende Aussage: Egal, ob man als Politiker den Weg kennt oder nicht, trete selbstsicher auf und vor allem verängstige die Bevölkerung nicht.

Man darf sich nichts vormachen. Bei einem Volk hat man es zu 80% mit etwas zu tun, was einer großen Rinderherde am nächsten kommen dürfte. Sie will von den Cowboys auf grüne Wiesen geführt werden, um ungestört zu fressen. Dafür lässt man sich im Gegenzug melken (Anm.d.Red.: Ja klar, nur die Kühe. Es ist auch mehr als Bild zu sehen. Jeder der schon mal versucht hat einen Stier zu melken und das überlebt hat, weiß wovon ich rede). Die Herde will nichts wissen von den Gefahren um sie herum. Auch nichts davon, dass ab und zu eines von ihnen verschwindet und auf dem Grill landet. Es kann nicht im Interesse der Cowboys sein, die Herde in Panik zu versetzen. In jedem Western kann man sehen, was passiert, wenn man Rinderherden erschreckt. Wenn sich der Staub gelegt hat, geht man die versprengten Tiere suchen, ganz so, wie es die CDU am 26.09. mit ihren Wählern tun wird, wenn es dumm läuft.

 Natürlich waren die Politikern in den 80ern keine Chorknaben, selbst Helmut Schmidt dürfte zugesehen haben, dass er seine Schäfchen finanziell ins Trockene bringt, wenn er schon diesen schlecht bezahlten 24/7-Job macht, aber irgendwie zählte damals noch die Leistung selber und weniger die gepflegte Wortwahl  auf der täglichen Pressekonferenz. Ich kann mich nicht erinnern, dass Politiker demokratischer Parteien vor dieser Pandemie jemals so mit den Ängsten der Menschen gespielt hätten (Anm.d.Red.: Vor 2020 hätte ich noch unterschrieben, dass dies nur die AfD tut).

 

Im Moment scheint die Rechnung der Kanzlerin aufzugehen. Ganz nach dem Motto von Kabarettist Matthias Richling, ´wer Angst verbreitet hat die Leute immer auf seiner Seite´, hat sich, dank der erfolgreich eingepflanzten Panik vor der ´neuen Pandemie´, der Wind soweit gedreht, dass wieder etwa 2/3 der Bevölkerung mit einem harten Lockdown einverstanden wären, beziehungsweise zumindest nicht dagegen angehen würden. Jetzt müssen nur noch die Landesminister auf Linie gebracht werden. Dann wird sich zeigen, wie unsere Wochen nach Ostern aussehen werden. Wenn es der Kanzlerin und damit der CDU gelingt, dem Volk noch einen weiteren harten bundesweiten Lockdown im April zu verkaufen, statt überall Modellregionen und Lockerungen zuzulassen, kann der CDU/CSU wirklich das Kunststück gelingen, mit ihrer Mär von der neuen Pandemie eine Punktlandung zum Ende der Corona-Saison hinzulegen. Nur dann kann sie die niedrigen Infektionszahlen im Sommer als Ergebnis ihrer großartigen Pandemie-Politik verkaufen und ihre davonschwimmenden Wahlfelle noch rausfischen.