Modellbau

Angela Merkel hat heute eine Regierungserklärung abgegeben. Sie versteht die bange Frage der Bevölkerung, ob das mit dem auf und ab im Corona-Lockdown jetzt ständig so weiter geht, dass man das Wiederaufflammen zum Ende des letzten Jahres aufgrund der Mutationen nicht voraussehen konnte, die Bundesregierung alle Notleidenden unterstützt und man die Teststrategie bei Schulen und Kitas durchdrücken wird (Anm.d.Red.: Alle anderen Themen der Regierungserklärung sind nicht Thema des Blogs. Trotzdem komme ich nicht umhin, mich darüber aufzuregen, dass Angela sich Gedanken über die Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Zusammenarbeit der EU mit der Türkei macht, wenn Erdogan gerade mal wieder, durch die Aufkündigung der Istanbul-Konvention zur Förderung von Frauenrechten, bewiesen hat, wie weit die Türkei noch von europäischen Grundwerten entfernt ist). In Sachen Corona war die Rede nichts anderes als ein Bündel katastrophaler Fehleinschätzungen. Die Bevölkerung ist nicht bange, sondern wütend, zumindest wenn man die Coronatiker, die Desinteressierten und/oder die IQ-Akrobaten in den zweistelligen Rängen ignoriert. Das Infektionsgeschehen in der Corona-Saison 20/21 haben sogar Laien wie ich vorausgesehen, bevor der erste Virologe überhaupt das Wort Mutation in den Mund genommen hatte. Die Notleidenden werden nicht vernünftig unterstützt und wenn, macht das nicht die Regierung, sondern der Steuerzahler, ungefragt mit einer Rückzahlungsverpflichtung bis zum Sankt Nimmerleinstag. Da ist es nur eine Fußnote, dass Angela Besserung gelobt, wenn es darum geht Corona-Entschlüsse im Parlament zu diskutieren und nicht morgens um drei Uhr von ein paar übernächtigten Politikern beschließen zu lassen (Anm.d.Red.: Ich sehe keinen Sinn in der Diskussion. Alle im Parlament haben nur eine mehr oder weniger leicht abgewandelte Form der Regierungsstrategie im Köcher und somit wäre ohnehin kein signifikanter Richtungswechsel hin zu anderen Kennzahlen zu erwarten. Da die Coronatiker im Parlament die Oberhand haben, wären es dieselben fatalen Corona-Entscheidungen wie aktuell, es würde nur wegen dem Rumgelaber und Parteitaktischen Spielchen im Wahlkampf länger dauern als bisher). Last but not least wird die geplante Teststrategie ein Flop mit Ansage. Danke Frau Bundeskanzlerin für nix!

Währenddessen hatte der gute Hansi einen, für seine Verhältnisse bemerkenswerten Geistesblitz. Der saarländische Ministerpräsident hat in seinem Amtszimmer den Starschnitt von Markus Söder abgenommen und durch den von Boris Palmer ersetzt. Nachdem er gegoogelt hatte, musste er feststellen, dass sein Bundesland eigentlich nicht viel größer ist als Tübingen. Da konnte er sich an fünf Fingern abzählen, was allein schon seine Fähigkeiten um zwei überschreitet, dass es nur ein paar Corona-Schnelltests mehr als in Tübingen braucht, um den Lockdown vom Tisch und sich ins Gespräch für höhere Weihen zu bringen.

Mir ist bewusst, dass ich mit den folgenden Gedanken so ziemlich gegen alle Ströme schwimme, aber ich kann dem exzessiven Wunsch nach Testungen und den nun diskutierten Modellversuchen nicht so viel abgewinnen, wie alle anderen. Menschen ´freizutesten´, um ihnen für den betreffenden Tag die ´alten´ Freiheiten wiederzugeben, mag zwar für den Moment einen Hoffnungsschimmer im Lockdown-Wahnsinn darstellen. Andererseits steht allerdings zu befürchten, dass sie den falschen Weg des konsequenten Infektionsschutzes mit diesem ewig sturen Blick auf die 7-Tages-Inzidenz zementieren. Im nicht unwahrscheinlichen Fall wird dann diese neue durchgetestete Lebensweise zu einer fatalen Normalität (Anm.d.Red.: Was das bedeutet kann man sehr gut an den unsäglichen Kontrollen an Flughäfen ablesen. Einst eingeführt zum Schutz vor Terrorismus nach 9/11 und inzwischen mit mannigfaltigen Schikanen als weltweiter Standard etabliert und nicht mehr rückgängig zu machen. Ich weiß bis heute nicht wer, mal abgesehen von Chuck Norris, es schaffen würde mit einer Nagelschere ein Flugzeug zu entführen). Nebenbei bemerkt würden Schnelltests mit täglich einer halben Milliarde Euro zu Buche schlagen, wenn man diese Teststrategie auf ganz Deutschland aufblasen würde (Anm.d.Red.: 10-20€ pro Test bei ca. 25-50 Millionen Testungen pro Tag). Wenn das in Zukunft Normalität werden sollte, jedes Mal wenn zur Corona-Saison ein neues oder mutiertes Virus an die Tür klopft, ist es für den Bürger nicht nur eine weitere Beschneidung seiner Freiheit, es raubt ihm auch, wie die Flughafenkontrollen Lebenszeit und wird letzten Endes alles teurer machen. Wie sonst soll man Schnelltests für einen Tag Freiheit finanzieren, wenn nicht durch einen Zuschlag zum Schnitzel im Restaurant oder grundsätzlich teurere Lebenshaltungskosten.

Ich bin auch überzeugt, dass es in der Folge zu vielen Fehlinterpretationen kommen wird. Da ist dann eine Kappensitzung oder ein Konzert schnell als Superspreader-Event verschrien. Dann kommen wilde Spekulationen zu unterlaufenen Hygienevorschriften oder es gehen Einzelpersonen in einem Shitstorm unter, nur weil im Nachgang die Inzidenzen hochgehen. Wie schon heute wird dabei geflissentlich vom marodierenden Mob der Coronatiker übersehen, dass die Leute sich, dicht gedrängt in der U-Bahn auf dem Weg dorthin angesteckt haben. Wenigstens hier braucht sich Tobias Hans keine Sorgen zu machen. Wer die saarländischen Möglichkeiten in punkto ÖNPV kennt, weiß wovon ich rede.

Nein ich halte Modellregionen mit Schnelltestungen, um den Lockdown beenden für einen fatalen Fehler. Auch schon deshalb, weil man nichts etablieren muss, um etwas abzuschaffen, was ohnehin nichts bringt (Anm.d.Red.: Siehe diverse Studien zur Sinnlosigkeit von Lockdowns). Es gibt noch einen weiteren Grund, warum die flächendeckenden Schnelltestungen nicht das temporale Werkzeug sind , um für eine Übergangszeit Erleichterungen zu erreichen, bis Corona besiegt ist. Wie gestern dargelegt, werden wir höchstwahrscheinlich keine Herdenimmunität erreichen, was nichts anderes bedeutet, dass Schnelltests unsere traurige Zukunft sein werden, plus Abstand und Masken. Deshalb halte ich jegliche Teststrategie, wie sie in Tübingen und Rostock praktiziert wird, aber auch wie sie von der Bundesregierung geplant ist, für fatal. Leider besteht wenig Chance dieses Los noch abzuwenden, denn alle Parteien gehen auf das ´Freitesten´ als neuen Aspekt eines Hygienekonzeptes steil und haben darüber ihre Forderung nach neuen Kennwerten fast vergessen. Dabei sind sie der alleinige Schlüssel zu einer nachhaltigen Lösung.

Kommen wir damit von der traurigen Zukunft zurück zur aktuellen Infektionslage. Kernpunkt meiner Kritik ist die Tatsache, dass wir mit der exzessiven Teststrategie im Moment ein Infektionsgeschehen simulieren, welches der wirklichen Gefahr einfach nicht mehr gerecht wird, sondern nur zu einem rhythmischen Öffnen und Schließen von Regionen führen wird, weil sie sich direkt auf die 7-Tages Inzidenz als einzig Regierungs-akzeptierten Kennwert auswirkt und damit die berühmte Notbremse bei >100 in Gang setzt.

Neben dem Freitesten für einen Tag als Kernpunkt der Modellversuche, setzt der andere Teil der Teststrategie, verstärkt in den Schulen und am Arbeitsplatz die Nicht-Risiko-Gruppen zu testen gleich mehrere Teufelskreise in Gang. Zunächst einmal hätten wir das alte Thema bei Corona. Je mehr PCR-Tests durchgeführt werden, desto mehr Menschen werden positiv getestet. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn man gezielt sucht. So wurden im letzten Sommer natürlich vermehrt positive PCR-Tests von Reiserückkehrern gefunden, einfach weil man an jeder Bundesgrenze und an den Flughäfen Testzelte aufgestellt hatte. Gerade passiert wieder dasselbe. Indem man nun gezielt an Schulen und Arbeitsplatz sucht, muss man sich nicht wundern, wenn man verstärkt jüngere Menschen positiv testet. Es wird dagegen kein Wert mehr auf Tests bei den Risikogruppen gelegt, da man wegen der Impfung hier keinen Grund mehr sieht (Anm.d.Red.: Meiner Meinung nach ein weiterer fataler Fehler. Auch wenn AstraZeneca mit einer 40%-igen Fehlerquote bei der Immunität kaum den Risikogruppen verimpft wird, 2% Fehlerquote bei den besten Impfstoffen sind bei fast 5 Millionen Ü80-jährigen auch wieder schon wieder 100.000 ungeschützte Risikopatienten mit besten Chancen auf den Corona-Bingo in der Ewigkeitslotterie).

Die Aussagen der Regierungspolitiker, die seit Wochen die Mutanten verantwortlich machen, dass vermehrt junge Menschen infiziert werden, ist demnach nicht nur falsch, sondern eine bewusste Irreführung. Wahrscheinlich in erster Linie, um den Impfbereitschaft hoch zu halten. Alle Gründe wird der kleine Mann ohnehin nie erfahren. Viel schlimmer dabei die Botschaft, die ungesagt im Subtext transportiert wird, nämlich dass die Mutanten nun auch für jüngere Menschen außerhalb der Risikogruppen ein erhöhtes Risiko darstellen würden, auf der Intensivstation zu landen oder  daran zu versterben. Das ist fast schon eine böswillige Irreführung und mit keinen Zahlen zu belegen. Natürlich gehen die Anteile von jüngeren Menschen prozentual auch auf den Intensivstationen hoch, wenn die Alten ausbleiben. Blöder geht es wirklich nimmer! Es ist sehr auffällig, dass immer nur von Infektionen geredet wird, über den Verlauf der Erkrankung selbst schweigt man sich aus oder kommt mit dem verschwurbelten ´Es gibt zunehmend schwere Verläufe bei jungen Menschen´.

Die Fakten sprechen klare Worte: Die Risikogruppen sind weitgehend geimpft und alle Studien zeigen, dass bei 99% der übrigen die Infektion nach wie vor unbemerkt oder harmlos verlaufen wird, beziehungsweise ist es schon längst ist (Anm.d.Red.: Es kann nicht oft genug erwähnt werden, Menschen, die einen poitiven PCR-Test haben, sind zunächst nicht krank, sondern haben nur eine Virenlast. Sie sind damit nicht per se krank). Da ich dank geschickter Vermeidung dieser Studien durch die Bundesregierung nicht beweisen kann, wie hoch die Dunkelziffer durchlaufener Infektionen wirklich ist und auch das Thema ´erneute Erkrankung nach durchlaufener Corona-Infektion´ totgeschwiegen wird, kann ich auch nur vermuten, wie viele Deutsche noch übrig sind, die zu diesen Unglücklichen gehören würden. Nach meinen Berechnungen sind bereits 50% der Bevölkerung immun oder zumindest nach einmaliger Infektion gegen einen schweren Verlauf gewappnet (Anm.d.Red.: Siehe in meinen Blog vom 11.03.21, ´Frühlingsloch´). Aber selbst im Worst Case reden wir bei den 1% von etwa 50.000 Menschen, die ernstere Probleme in Form von Krankenhausaufenthalten oder längerfristigen Corona-Folgen bekommen. Intensivstation sehen die Wenigsten und gestorben ist an Corona ohnehin keiner ohne Vorerkrankung. Das sind keine Vermutungen, sondern Statistiken des RKI. Da ist jede Grippe oder Vollnarkose inzwischen weitaus risikoreicher.

 

Indem wir nicht endlich zu sinnvolleren Kennzahlen kommen, die, heruntergebrochen auf einzelne Regionen messen, wie viele Menschen außerhalb der Risikogruppen überhaupt schwer an Corona erkranken und wie viele ungeimpfte Menschen noch im Krankenhaus oder auf der Intensivstation landen, werden wir aus diesem Teufelskreis nicht mehr herauskommen. Auch die nie beantwortete Frage, wie viele Todesopfer seit Anfang 2020 wirklich an dem Virus gestorben sind (Anm.d.Red.: ´An/Mit-Paradoxon`), sollte endlich einmal angepackt werden. Im Moment arbeiten alle daran, dass wir von einer Lockdown- in eine Testdiktatur übergeführt werden, in dem eine regional wechselnde Open/Close-Orgie zum Alltag werden wird.