Geben ist seliger denn Nehmen

In der Geschichte der Stummfilm-Komödie gab es immer kleine, lustige Männer, die witzige Sachen taten und damit für Erheiterung sorgten. Buster Keaton, Harold Lloyd oder Charly Chaplin fallen mir da spontan ein. Inzwischen gibt es leider den Tonfilm und kleine, lustige Männer verlieren sofort ihren Zauber, wenn sie den Mund aufmachen. So auch Millhouse-Double und nebenberuflicher Bundesaußenwicht Heiko Maas auf der gestrigen virtuellen Geberkonferenz für den Jemen, als er seine Rede mit folgenden sensationellen Worten eröffnete ´Genug ist genug, alle Konfliktparteien müssen umgehend die Kampfhandlungen einstellen´. Da kommen einem fast schon die Tränen vor Stolz, dass Deutschland einen solch visionären Außenminister hat, dem nach sieben Jahren Krieg endlich eingefallen ist, wie die humanitäre Tragödie im Jemen zu lösen wäre. Eigentlich ganz einfach. Wieso ist da vorher keiner draufgekommen? Vielleicht sollte Herr Maas mal zu den Huthi-Rebellen fahren und ihnen diese einfache Weisheit nahebringen. Für einen Mann, der vom deutschen Bundesbürger Zivilcourage einfordert, wenn drei Rechtsradikale nachts an der Bushaltestelle einen Ausländer bedrängen, sollte die Reise zu ein paar verblendeten Islamisten eine der leichtesten Übungen sein. Entweder sind die Huthi-Rebellen so beeindruckt, dass sie freiwillig ihre Waffen abgeben oder sie schicken ihn als Ungläubigen-Hackepeter in seinem eigenen Diplomatengepäck zurück (Anm.d.red.: Egal wie es ausgeht, Deutschland und die Welt kann nur gewinnen).

 Was das mit Corona zu tun hat? Nichts und alles, denn es waren hauptsächlich warme Worte, die sowohl unsere Bundesregierung durch den Außenminister als auch die anderen Teilnehmer in der Geberkonferenz beizutragen hatten. Es zeigt überdeutlich und stellvertretend, dass die Industrienationen dieser Welt viel zu beschäftigt sind mit der Bewältigung ihrer eigenen  hausgemachten Corona-Krise, als sich um die Situation im Jemen zu scheren, die die UN als die größte humanitäre Krise auf der Welt bezeichnet. Dass die Meldung am Ende der Tagesschau kurz vor dem Wetter ausgestrahlt wurde, bestätigt diesen Eindruck.

Der Grund, warum der Jemen es im Gegensatz zu Nordafrika oder Syrien so selten in die mediale Aufmerksamkeit hierzulande schafft, ist banal wie zynisch. Auch hier hat der arabische Frühling mehr Leid als Freiheit gebracht. Nachdem man sich der Diktatur entledigt hatte, hielt wie so oft in muslimisch geprägten Ländern nicht die Demokratie Einzug, sondern das kurzzeitig entstandene Machtvakuum wurde von Fanatikern genutzt, die vorgeben im Namen Allahs einen Gottesstaat errichten zu müssen. Eigentlich leben sie jedoch nur ihre perversen Gewalt- und Allmachtsfantasien aus, stets mit freundlicher Unterstützung von Diktaturen wie dem Iran. Die Folge sind Flüchtlingsströme, die es im Jemen, anders als beispielsweise in Syrien, wegen der ungünstigen Lage zwischen dem Golf von Aden und Saudi-Arabien nicht aus dem Land, geschweige denn bis nach Europa schaffen und somit vom EU-Bürger einfach ausgeblendet werden können.

Diese Gemengelage führt dazu, dass von den 30 Millionen Jemeniten 80% auf internationale Hilfslieferungen angewiesen sind. Allein 12 Millionen sind Kinder, von denen aktuell 400.000 vom Hungertod bedroht. Der hohe Anteil ist einem anderen bekannten Problem geschuldet. Kinder sind in Entwicklungsländern die Altersversorgung der Eltern. Es mag pervers klingen, aber je weniger Überlebenschancen der Nachwuchs hat, desto mehr muss man produzieren. Mit anderen Worten, um das zu schaffen müssen die etwa 4 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter trotz sieben Jahren Hunger und Krieg ein Kind nach dem anderen gebären, ungeachtet der Tatsache, dass jedes dritte davon höchstwahrscheinlich erbärmlich stirbt. Der patriarchisch ausgerichtete Islam, nicht existente Verhütung und sicher auch Vergewaltigungen, die in einem Krisengebiet wie dem Jemen an der Tagesordnung sind, verschärfen die Lage weiter.

Die Welt greift immer erst ein, wenn es zu spät ist. Irgendwie sollte die WHO, die UN oder wer sich berufen fühlt, mal über alternative Hilfsansätze nachdenken, als immer nur zum Schluss einer Krise einzugreifen und vergeblich versuchen, alle vor dem Hungertod zu retten. Sonst hat man bei der nächsten Krise im Jemen doppelt so viele Millionen Hilfsbedürftige und 800.000 Kinder, die vom Hungertod bedroht sind (Anm.d.Red.: Übrigens eine Langzeitstudie, die untersucht, was passiert, wenn die Kinder- und Rentenpolitik von Entwicklungsländern unter Idealbedingungen stattfinden kann, also ohne den Einfluss von Krankheit und Hunger, wurde 2015 in Deutschland erfolgreich gestartet und wird in den nächsten Jahren sicher aufschlussreiche Ergebnisse liefern. Aber ich schweife wie immer ab…). Dumm nur für den Jemen, dass die sogenannten Geberländer aktuell das Geld selber brauchen, um eine sinnlose Lockdown-Strategie finanzieren zu können, mit der man dem eigenen Volk Führungsstärke vorspielen will. So kamen dann auch am Ende der gestrigen Geberkonferenz weniger als 50% der benötigten Gelder zusammen, die die UN für eine ausreichende Hilfe im Jemen gebraucht hätte.

 

Ich finde es also durchaus berechtigt in diesem Blog über den Jemen zu berichten, besonders, wenn durch den Umgang mit Corona hierzulande in diesem Kriegsgebiet mehr Kinder vom Hungertod bedroht sind, als in Deutschland ´an´ oder ´mit´ Corona überhaupt sterben könnten (Anm.d.Red.: Man erinnere sich, die Mortalität für Corona liegt bei etwa 0,2%, was bis zur Durchseuchung im Worst Case, das heißt ohne Schutzmaßnahmen etwa 250.000 Tode bedeutet hätte. Siehe mein Blog vom 20.05.20, ´Circus Maximus´). Auch wenn sich dort unten kein Schwein für Corona interessiert, je einer von den AHA-Regeln gehört, geschweige denn die Möglichkeit hätte sie einzuhalten, hat der Jemen doch mehr unter diesem Virus zu leiden als irgendein Land in Europa. Da haben wir doch richtig Glück, dass wenigstens die WHO den Jemen in ihrer unsäglichen Corona Statistik führt. In den letzten sieben Tagen sind demnach 120 Menschen ´an´ oder ´mit´ Corona verhungert.