Heimkinder

Nachdem die deutsche Bevölkerung gestern sinnloserweise auf nahezu allen Fernsehkanälen beim Umbetten der Mumie zusehen konnte, die nun für mindestens 4 Jahre im Weißen Haus ausgestellt werden soll, und inzwischen auch alle wichtigen und unwichtigen Politiker inklusive des Bundespräsidenten ihren Senf dazugegeben haben, können wir uns wieder um die wichtigen Dinge des Lebens kümmern. Nein, nicht Corona, sondern meine Hochzeit! Die findet zwar in diesen Zeiten in sehr kleinem Kreis statt, ist aber ein triftiger Grund, um bis nächsten Montag mit dem Blog zu pausieren. Vielleicht vorher noch ein kleiner Nachtrag zu den sogenannten verschärften Lockdown-Maßnahmen, die Bund und Länder am Dienstag beschlossen haben und die ab Montag, wie immer möglichst unterschiedlich in den einzelnen Bundesländern umgesetzt werden sollen.

Die einen nennen es, je nach Familienstand bezahltes Sabbatical oder unternehmensfinanzierten Erziehungsurlaub, von den anderen wird es euphemistisch Homeoffice genannt (Anm.d.Red.: Ich halte es in jedem Fall für das Paradies für Leute, die sich auch schon im Büro verpisst haben und für die andere nun noch mehr arbeiten müssen. In der neuen Arbeitswelt ist es aber weltweit akzeptiert und somit dürfte keiner auf der Welt wirtschaftliche Vor- oder Nachteile mit dem Homeoffice haben. Abgesehen natürlich von China, die wahrscheinlich überproportional davon profitieren, wenn alle anderen ihre Mitarbeiter der Eigenverantwortung überlassen und glauben, so Motivation und Produktivität steigern zu können. Hier wird man weiter die arme Landbevölkerung zum Ausbeuten in die Fabriken holen und den Weltmarkt mit Billigwaren überfluten. Die vorhandenen Homeoffice-Arbeitsplätze werden im Überwachungsstaat ohnehin mit Kameras maximal produktiv gehalten).

Man kann über die effektive Arbeitsleistung diskutieren, wenn man sich im häuslichen Umfeld und nicht am Arbeitsplatz in der Firma befindet. Es ist auch unerheblich, ob die Maßnahmen, wie die Kontaktreduzierung gescheitert sind oder einfach nur der komplett falsche Ansatz waren. Fakt ist, dass die Bundesregierung nun entschieden hat, die Kontakte in den Büros wären der neue heiße Corona-Hotspotscheiß und haben nun ab nächster Woche einen Homeoffice-Pflicht dort erlassen, ´wo es das Berufsbild zulässt´, wie es so schön heißt. Damit sollen alle Arbeitnehmer deren Tätigkeit nicht von vornherein eine Verlegung des Arbeitsplatzes nach Hause ausschließt, wie zum Beispiel Polizisten, Straßenfeger, Bankräuber, Fabrikarbeiter, Kassierer, medizinisches Personal, Altenpfleger etc. in Zukunft vom Arbeitgeber die Möglichkeit bekommen, auch in den eigenen vier Wänden zu arbeiten oder aber Löcher in die Luft zu starren – je nach dem persönlichen Mindset (Anm.d.Red.: Ich weiß nicht, wie ich gerade nach dem letzten Halbsatz darauf gekommen bin, aber auch Beamte oder andere Staatsbedienstete sollen diese Möglichkeiten erhalten, wenn denn überhaupt die entsprechende digitale Infrastruktur vorhanden ist).

Ich habe mal nachgerechnet. In Deutschland leben circa 83 Millionen Menschen, zumindest von denen man Kenntnis hat. Inwieweit osteuropäische Zwangsprostituierte und asiatische Nagelpflegerinnen da mitgezählt sind sei dahingestellt. Zieht man Schüler und Rentner ab, bleiben etwa 60 Millionen im erwerbsfähigen Alter. Davon haben etwa 12 Millionen noch nie gearbeitet oder beziehen wie etwa 6,5 Millionen Menschen Hartz IV. Letzten Endes bleiben als etwa 45 Millionen Erwerbstätige, wovon gerade etwa 7 Millionen zu den Gearschten aus Kultur, Gastronomie und Dienstleistungsgewerbe gehören, die dank des blindwütigen Corona-Maßnahmen-Rundumschlages zum Nichtstun verdammt sind, beziehungsweise sich mit Lieferservice oder Internetshops über Wasser halten. Etwa 15 Millionen arbeiten im produzierenden Gewerbe und fallen damit per se raus (Anm.d.Red.: Ich glaube der Haussegen würde schon etwas schief hängen, wenn sich ein Schlachter eine Kuh mit nach Hause bringen würde, um sie in Heimarbeit zu zerlegen). Banken, Versicherungen, Unternehmen des digitalen Marktes und die großen Konzerne hatten für ihre etwa 10 Millionen Mitarbeiter schon vor der Pandemie entsprechende Möglichkeiten geschaffen und die Leute bereits im März zum ersten Lockdown nach Hause geschickt. Dann wären da noch die knapp 12 Millionen Angestellten, die in den Büros von Klein- und Mittelständischen Unternehmen arbeiten, die nicht über die notwendige Infrastruktur verfügen und diese bis zum Ende der Pandemie auch nicht mehr aufbauen können (Anm.d.Red.: Das wäre dann einer der zwingenden Gründe, die von der Regierung etwas nebulös formuliert wurde, um als Arbeitgeber um die Homeoffice-Pflicht herumzukommen). Ebenfalls abzuziehen wären noch die ganzen Arbeitnehmer, die wegen Lockdown-bedingten Arbeitsmangel von Ihren Arbeitgebern ohnehin nach Hause geschickt wurden oder aber, weil sie zur Corona-Risikogruppe gehören.

Um es kurz zu machen. Ich bin voll des Respektes für die Regierung, dass sie sich in dem achtstündigen Verhandlungsmarathon um diesen ungehobenen Corona-Hotspotschatz gekümmert hat. Potentielle Mörder in den Reihen der deutschen Arbeitgeber, die durch die Weigerung ihre Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken, zwar nicht erwiesenermaßen, aber doch vielleicht Mitbürger in den vulnerablen Gruppen töten. Deshalb habe ich mich entschlossen hier die Arbeit der Bundesregierung zu unterstützen und alle betroffenen Firmen persönlich angerufen, um den Verantwortlichen ins Gewissen zu reden. Was soll ich sagen? Drei waren aus dem Schwabenländle und zwei aus dem Lippischen, aber alle haben umgehend Besserung gelobt.

Ich weiß nicht wem hier etwas vorgemacht werden soll, aber selbst, wenn es wirklich beim Homeoffice noch viel ungenutztes Potential auf Seiten der Arbeitgeber geben sollte, gehören letzten Endes zwei dazu. Die, die Homeoffice bereitstellen sollen und die, die im Homeoffice sitzen wollen. Ich habe Kenntnis von sehr vielen Arbeitnehmern, die permanent oder zumindest in regelmäßigen Abständen das Büro dem Homeoffice vorziehen. Die Gründe sind vielschichtig und reichen von den Vorzügen der Kantine, aufgrund einer Spontanallergie gegen Tiefkühlpizza und Dosenravioli, über Ruhe vor Frau und Kindern bis zum schlichten Fallen einer Decke auf die betroffenen Köpfe. Was bleibt, dürfte letzten Endes eine frustrierend kleine Schnittmenge zwischen dem sturen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer mit enttäuschten Homeoffice-Ambitionen sein. Zu klein, um einen Einfluss auf das Infektionsgeschehen zu haben und viel zu unübersichtlich, um es, von wem auch immer überprüfen zu können.

 Letzten Endes ist es also unerheblich ob Homeoffice nun Pflicht oder Empfehlung geworden wäre, die Effekte auf die Infektionszahlen werden sich genauso im unbedeutenden Bereich bewegen, wie es auch die Umstellung auf medizinische Atemschutzmasken tut. So ist es belanglos, dass Markus Söder sich nicht mit seinem dummen Bayern-Idee durchgesetzt hat, FFP2 Masken verpflichtend einzuführen. Neben den problematischen Zeitbegrenzungen beim Tragen, das Erschweren des Atmens, besonders für ältere Menschen oder dem hohen Preis, gibt es nach Meinung einiger Virologen einen kaum messbar höheren Infektionsschutz gegenüber herkömmlichen Masken. Mögliche Qualitätsvorteile werden ohnehin durch das unsachgemäße Handling in der Normalbevölkerung komplett eliminiert (Anm.d.Red.: Hier können diverse Fehler gemacht werden, siehe mein Blog vom 13.01.21, `Freistaat des Grauens´. Gesundheitliche Schäden nicht ausgeschlossen. Den wenigsten, die ab Montag voller Enthusiasmus auch diesen Blödsinn mitmachen, dürfte bekannt sein, dass in deutschen Unternehmen, die FFP2 Masken verwenden, vor dem Tragen eine entsprechende Sicherheitsunterweisung verpflichtend ist). Der Rest der neuen Maßnahmen geht im Grundrauschen unter und ist nicht das Papier wert auf dem ich ohnehin nicht schreibe. Vielleicht ist die Kanzlerin mit ihren harten Verschärfungen dann doch an den stagnierenden Infektionszahlen gescheitert, auch wenn es wie gesagt nicht dem Krisenmanagement der Regierung geschuldet sein dürfte.

 

In diesem Sinne, schönes Wochenende und bis Montag. Dann, nach über 50 Jahren letzten Endes doch noch als Neuzugang im ewigen Gefangenenchor der Ehe.