Präambel: Die folgende Geschichte ist sehr frei nach dem Matthäus-Evangelium Kapitel 1 und 2 erzählt. Sie spielt in einem alternativen Universum, in dem die Städte lustigerweise genauso heißen, wie in dieser Welt und die Weihnachtsgeschichte noch nicht geschrieben steht. Das erklärt nicht nur die teilweise frappierende Ähnlichkeit zu aktuellen Ereignissen, oder Handlungen hierzulande, sondern praktischerweise auch alle Logikbrüche, die mir wahrscheinlich unterlaufen werden. Die Namen der handelnden Personen wurden bestmöglich anonymisiert. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, Corona-infiziert, immunisiert, geimpft oder gesund sind nicht rein zufällig, sondern gewollt. Tiere kamen während der Niederschrift nicht zu schaden, wenn man mal von der Bolognese gestern absieht.
Personen (beziehungsweise Tiere, ist schließlich ne Weihnachtsgeschichte) - in order of occurence
Erzähler himself
Engel eigentlich Erzengel Metatron, das Sprachrohr Gottes, aber Angeben ist nicht so sein Ding, per se Corona negativ
Josef Sohn des Karl-Heinz, Corona negativ
Maria schwanger, zumindest bis zum dritten Akt, Corona negativ
Södi Herrscher des südlichen Berglandes, Corona negativ
Melchior Weiser aus dem Westen, geimpft
Caspar Weiser aus den Wüsten des Südens, Corona negativ
Balthasar Weiser aus den östlichen Landen, immun nach Infektion
Spahni Leibarzt der Königin, eigentlich Bankkaufmann, immun nach Infektion
Hansi Verwalter eine kleinen Fleckchens an der Grenze zum Land der Froschfresser, Corona negativ
Ochse himself und Coronatiker
Esel himself und Corona-Skeptiker
…sowie die ein oder andere Nebenfigur
Akt 1, Die Auskunft (Mai 2020)
ERZÄHLER Es begab sich zu einer dunklen Zeit, in einem fernen Land, als die Menschen Glauben gemacht wurden, sie wären von einer Seuche heimgesucht, die schlimmer sei als alles bisher Dagewesene einschließlich Modern Talking. Eigentlich war alles gar nicht so schlimm, aber die Herrscher des Landes hatten anfangs ein wenig überreagiert und kamen nun aus der Nummer nicht mehr heraus. Fortan mussten sie so tun, als könnten sie den Lauf einer Pandemie beeinflussen. Die Verantwortlichen erließen in der Folge viele Regeln und Gesetze, die nichts nutzten und dann noch einen Lockdown unter deren Folgen Menschen und Wirtschaft darben mussten. Die Pandemie selber hat das zwar kaum gekümmert, aber so ist das häufig in der Politik: Maßnahmen müssen nicht unbedingt nützen, sie müssen nur so aussehen. Unsere Geschichte beginnt in einer kleinen Stadt in diesem fernen Land. Auch hier hatten die Schergen des örtlichen Gesundheitsamtes im wochenlangen Lockdown zwar nicht Angst und Schrecken verbreitet, aber nicht weniger Verwirrung und Unverständnis. Die erste Welle des neuartigen Grippevirus, den man Sars-CoV-2 oder kurz ´Corona´ nannte, war gerade im Abebben. Das machte das Virus, wie alle seine Corona-Verwandten in den letzten zigtausend Jahren nach Ende der Grippesaison im Frühjahr ohnehin, aber die Herrscher verkauften es dieses Mal als großen Erfolg ihrer Politik. Ein eigentlich nicht ganz unwichtiges Detail, dass aber dem Volk herzlich egal war. Es war froh, dass das öffentliche Leben wieder anfing. So ging es auch Maria und Josef, die sich kurz vor dem Lockdown verlobt hatten und denen in ihren zwei Single-Butzen langsam die Decke auf den Kopf fiel. Erschwerend kam hinzu, dass Maria aufgrund ihres tiefen Glaubens Josef in der ganzen Zeit nicht rangelassen hatte und erklärte sich für die Ehe aufsparen zu wollen. Nach langem hin und her und großen Diskussionen hatte Josef zähneknirschend eingewilligt, auch weil Maria ihm versprochen hatte, dass schon in der Hochzeitsnacht ganz tierisch die Luzie abgehen würde. Alles hätte so schön sein können. Doch dann hatte Maria ihn zum Abendessen eingeladen und mitgeteilt, dass sie schwanger war. Die Beteuerung ihrer Keuschheit hatte Josef verständlicherweise nicht geglaubt. Nach einer veritablen Szene hatte er wutschnaubend Marias Wohnung verlassen und sich, kaum zu Hause angekommen eine Flasche Rotwein reingekippt, fest entschlossen Maria zu verlassen. Mit diesen trüben Gedanken war er auf dem Sofa eingeschlafen, als ihm im Traum ein Engel erschien.
Irgendwo im Ruhrgebiet
ENGEL Sei gegrüßt Josef, Sohn des Karl-Heinz! Ich bin gekommen Dir Auskunft zu erteilen.
JOSEF Ohne FFP2 erteilst Du hier erst mal gar nichts!
ENGEL Geht auch eine normale Atemschutzmaske?
Josef denkt darüber nach. Es folgt eine peinliche Stille. Der Engel verdreht die Augen.
ENGEL Josef, ich bin ein Gesandter Gottes. Was schließt Du daraus?
JOSEF überlegt Du brauchst keine Maske. Corona kann Dir nichts anhaben, weil Du ein Engel bist?
ENGEL Nein, ich war dank der Beziehungen zum Chef in der ersten Impfgruppe.
JOSEF Du verarschst mich?
ENGEL Wer hat denn damit angefangen?
JOSEF Ist das ein Traum?
ENGEL Soweit so offensichtlich. Es hat sich durchgesetzt, dass Engel ausschließlich in Träumen erscheinen. Frühere Versuche meiner himmlischen Regierung, uns Engel die Botschaften in der Realität offenbaren zu lassen, endeten zu häufig mit einem sofortigen Herzinfarkt der Auserwählten*innen. Man hat festgestellt, dass Menschen für diese Form der Nachrichtenübermittlung in der REM-Phase einfach aufnahmefähiger sind und auch keine unnötige Zeit mit sinnlosem Schreien oder Wimmern vergeuden - er fährt fort, mehr zu sich selbst - Ich war zu Lebzeiten auch immer wieder überrascht, wie locker ich im Traum mit Situationen umging, in denen mir ein riesiger Frankenstein mit Kettensäge ein paar Extremitäten abschneiden wollte oder ich ohne Fallschirm aus dem Flieger fiel.
JOSEF wirklich überraschend entspannt Kommst Du nochmal zum Punkt? Ich hab gerade andere Probleme. Main Tag war echt Kacke!
ENGEL mit der seiner Spezies nachgesagten Geduld Das habe ich vor, zumal es ohnehin um genau diese anderen Probleme geht. Genauer gesagt hast Du eigentlich nur ein Problem und das wird keins mehr sein, wenn wir hier fertig sind.
JOSEF Du hast gut reden, Deine Freundin hat Dich schließlich nicht mit nem anderen besch…
ENGEL bringt Josef mit einer Handbewegung zum Schweigen Abgesehen davon, dass wir Engel mit Ablegen unserer irdischen Hülle auch von diesem menschlichen Zwang der sozialen Nähe enthoben werden, bin ich genau deshalb gekommen, um Dir mitzuteilen, dass Maria Dich nicht betrogen hat.
JOSEF Ach ja? Und von wem ist sie schwanger? Pollenflug, oder was?
ENGEL Nein, sie ist immer noch unbefleckt.
JOSEF mit drohendem Unterton Hör zu Engel! Keine Ahnung, was das bedeuten soll. Zu so einer Nummer gehören immer zwei und ich weiß, dass ich nicht dabei war. Also red endlich Klartext! Es ist mein Traum und da kann ich sogar Engel verwemsen, wenn mir danach ist.
ENGEL hebt beschwichtigend die Hände Lass mich Dir das Ganze erklären! Ich bin hier, um Auskunft zu geben. – Kurze Pause, der Engel muss sich offensichtlich sammeln - Bisher hat mein Chef – er zeigt vielsagend zur Decke – Euch einfach auf diesem Planeten machen lassen. Irgendwie hat ja auch immer alles geklappt. Vor langer Zeit wart ihr fleißig, habt in der Familie aufeinander Acht gegeben und seid, dank Eurer begrenzten Möglichkeiten mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen sparsam umgegangen. Wenn es trotzdem mal zu voll wurde, hatte sich die Sache mit einer Hungersnot oder einer Seuche schnell wieder eingependelt. Alles in allem lief es ganz gut. Klar, hier mal ein Krieg, da mal ein Genozid, aber nichts, was unser Topankläger am göttlichen Gerichtshof nicht postmortal mit den Verantwortlichen einseitig und abschließend hätte klären können.
JOSEF Ihr habt für sowas einen Topankläger?
ENGEL Satan, schon mal gehört? Egal, weiter. Inzwischen habt ihr Eure einst begrenzten Möglichkeiten auf allen Gebieten, die Euch nützlich erschienen, erweitert. Dazu kommt, dass Ihr Euch wie die Karnickel vermehrt, es aber nicht schafft der nächsten Generation Werte zu vermitteln. Unter dem Deckmäntelchen der Political Correctness blüht der Egoismus. Kreativität und verantwortungsvolles Handeln ist der dumpfen Selbstdarstellung und dem exzessiven Konsumieren gewichen. Um sinnlose Begierden nach Tant zu erfüllen, beutet Ihr den Planeten aus, vernichtet die Umwelt und entzieht Euch damit letzten Endes die eigene Lebensgrundlage. Bis jetzt hatte er nur einige Warnungen geschickt…
JOSEF unterbricht ihn Du meinst das Virus?
ENGEL Nein, das lag einfach daran, dass die Spacken in den östlichen Landen alles in den Mund stecken, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Ich rede von Naturkatastrophen wie Stürme und Überflutungen. Aber auch das scheint hier keinen zu stören. Da mein Chef sich zu viel Mühe mit all dem hier gegeben hat – er macht eine ausladende Geste mit beiden Armen – als dass es einfach so den Bach runtergehen soll, hat er sich nun dazu entschlossen Euch als letzte Chance einen Retter zu schicken, der die Dinge hier unten wieder geraderücken soll.
JOSEF Und da ist ihm nix besseres eingefallen, als meine Verlobte zu schwängern. Hätte es nicht einfach ´Puff´ machen können und der Heiland wäre da gewesen, um uns zu retten.
ENGEL verdreht die Augen Wenn morgen ein Raumschiff hier landet, was würde das bedeuten?
JOSEF Das die oberste Direktive nicht das Dilithium-Kristall wert ist auf dem sie geschrieben steht?
Der Engel scheint sichtlich verunsichert.
JOSEF Bisschen armselig, wenn Ihr Allmächtigen Star Trek nicht kennt. Egal! Was soll passieren? Helle Aufregung, dass man doch nicht allein im Universum ist. Plünderungen, Anarchie, Menschen stürzen sich von Dächern, die Börse kollabiert. Amazon wird wahrscheinlich ins Bodenlose fallen, weil die Außerirdischen sicher Replikatoren haben und …
ENGEL Ja, ok. Zusammenfassend, es würde bedeuten, dass Panik ausbricht und die Situation eskaliert. Menschen kommen mit sowas nicht klar. Es macht nur Sinn, wenn der Heiland ganz normal in die Welt geboren wird und dann irgendwann Einfluss nehmen kann. ´Puff´ ist an dieser Stelle wenig hilfreich. Capice?
JOSEF will offensichtlich noch nicht aufgeben Wieso hat Dein Chef nicht einfach alles gerichtet? Du weißt schon, das Plastik aus den Weltmeeren verschwinden lassen, das CO2 in der Atmosphäre absorbieren und so die Klimaerwärmung stoppen, Wieso diese Heiland-Nummer?
ENGEL Wo wäre da der Lerneffekt? Nein, Ihr müsst schon glauben, dass ihr selber Eure Probleme gelöst habt.
JOSEF Wieso ausgerechnet ich und Maria?
ENGEL Maria und ich?
JOSEF Wieso jetzt Du?
ENGEL Nein, es heißt Maria und ich. Nur der Esel nennt sich zuerst.
JOSEF Pillepalle. Wieso Maria und ich?
ENGEL Himmlische Vorsehung!
JOSEF Weiß es Maria eigentlich schon?
ENGEL Klar, sie wurde vom Chef gebrieft, nach dem Du vorhin so überstürzt verschwunden bist.
JOSEF beleidigt Ach so nennt man das jetzt? Was sagt sie zu der ganzen Heiland-Sache?
ENGEL Sie ist begeistert. Keine Stress, keine Vorsorgeuntersuchungen, göttlich garantierter komplikationsfreier Schwangerschaftsverlauf und Geburtsvorgang. Baby-Erstaustattung inklusive und die Garantie, dass das Plag Heiland und nicht etwa Investmentbanker oder ähnlich Abartiges wird.
JOSEF Was springt für mich dabei raus.
ENGEL verständnislos Nichts! - er überlegt - Doch, Du wirst genau wie Maria einen milden bis symptomfreien Corona-Verlauf haben.
JOSEF triumphierend Weil wir auserwählt sind?!
ENGEL Nein, weil Ihr keine Vorerkrankungen habt – er wendet sich zum Gehen - Gehab Dich wohl, Josef, Sohn des Karl-Heinz, Mann von Maria, der Mutter Gottes.
JOSEF Moment mal, ich bin doch noch gar nicht mit Maria verheiratet.
ENGEL Dann spute er sich, bevor man den Bauch sieht. Du weißt wie schnell die Leute tratschen.
JOSEF Moment, wenn ich jetzt heirate, was ist dann mit der Hochzeitsnacht?
Der Engel sieht ihn vielsagend an.
JOSEF War ne blöde Frage, oder?
ENGEL Merkste selber, ne!?
(Anm.d.Red.: Das war nun sehr ausführlich. Das Matthäus Evangelium dagegen, das auf alternativen Fakten basiert macht es sich sehr einfach und beschreibt eine, zumindest für Josef echt niederschmetternde Auskunft in nur sieben kurzen Versen, 18 – 25. Wenigstens die letzten beiden Verse kann ich aber wortwörtlich so stehen lassen: ´ 24 Da nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm des HERRN Engel befohlen hatte, und nahm sein Gemahl zu sich. 25 Und er erkannte sie nicht, bis sie ihren ersten Sohn gebar; und hieß seinen Namen Jesus´. Zwei Dinge lernen wir hier. Die Bibel hat kein Problem mit dem Gendern, wenn sie Maria als ´Gemahl´ bezeichnet, aber dafür mit dem Ausdruck ´nicht erkennen´ sehr verschwurbelte Ausdrucksweisen für ´nicht ran dürfen bis zur Niederkunft´)