Natürlich bin ich frustriert, dass Schweden, zumindest ihr König Carl Gustav den schwedischen Sonderweg als gescheitert betrachtet. Hatte er sich doch diese Woche entsprechend geäußert und ist damit auf die zweifelhafte Sichtweise der Restwelt eingeschwenkt, die im Hinblick auf den nordischen Nachbarn seit dem Frühjahr ausschließlich mit der angeblich viel zu hohen Zahl an Todesopfern im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung argumentiert. Nun habe ich mich mit Schweden unterhalten und erfahren, dass der gute Carl Gustav gefühlt zum Thema Corona bis dato noch keine Meinung hatte und auch sonst bei seinen Untertanen nicht gerade im Ruf steht, die hellste Kerze auf der Torte zu sein. Demnach steht nicht zu erwarten, dass sich in Schweden im Umgang mit Corona signifikant Änderungen ergeben werden. Da es aber eine Stellungnahme ist, die hierzulande gierig von den Coronatikern verwurstet wird, ist zumindest heute ein kleiner Blogbeitrag notwendig.
Zunächst einmal wird auch bei der Diskussion um Schwedens vergleichsweise hohe Todesrate leider wie üblich gerne vergessen, dass es auch hier die Alten- und Pflegeheime gewesen sind, die für über die Hälfte der Todesopfer verantwortlich waren. Wie in Resteuropa ist man mit dem Schutz der vulnerablen Gruppen gescheitert, die man, im Gegensatz zur Infuenza, nun mal als ´must have´ in der Corona-Pandemie ausgerufen hat.
Inwieweit die Aussage ´hohe Corona-Todesrate´ überhaupt zulässig ist, habe ich bereits häufig in Frage gestellt. Schließlich ist die Zählweise der Verstorbenen seit Corona die bekloppteste Ever und es ist nach wie vor unerhört, dass ein positiver PCR-Test kurz vor oder gar nach dem Ableben als Todesursache ´Corona´ ausreichend sein soll. Vergessen wir dabei nicht, dass letzten Endes auch in Schweden jedes Jahr etwa 1% der Bevölkerung, also knapp 100.000 Menschen sterben, ganz einfach, weil ihre Zeit gekommen ist (Anm.d.Red.: Wie hat Wolfgang Schäuble im April noch so schön gesagt, bevor auch er offensichtlich an die Parteiraison erinnert wurde und inzwischen deshalb scheinbar gar nichts mehr zu Corona sagt: `Die Aussage, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, ist in dieser Absolutheit nicht richtig. Wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gibt, dann ist es die Würde des Menschen. Aber auch die schließt nicht aus, dass man sterben muss.´). Die Allgegenwart anderer natürlicher Todesarten ist eine Tatsache, die in der Corona-Pandemie bekanntlich in Vergessenheit geraten ist. Da aber die Welt in diesem Punkt unerklärlicherweise den Bezug zur Realität verloren zu haben scheint, wäre es auch für die Argumentation im schwedischen Sonderweg besser gewesen, wenn man nicht ausgerechnet kurz vor Beginn der Grippesaison Ende September das Besuchsverbot in den Alten- und Pflegeheimen aufgehoben hätte, noch dazu ohne weitere Maßnahmen wie FFP2 Masken oder Schnelltests zu vereinbaren. Weil nun nicht einfach gestorben wurde, sondern vermehrt mit einer Corona Infektion, hat man sich mit den Todeszahlen in der Pandemie angreifbar gemacht.
Noch einmal in aller Deutlichkeit: Auch wenn Medien und Politik in Deutschland und wahrscheinlich auch in Resteuropa die Wortmeldung des Königs nur zu gerne als allgemeingültig für eine neue Sicht der Schweden auf die Corona-Dinge hypt, kann davon keine Rede sein. Die unabhängige Corona-Kommission Schwedens hatte am Dienstag nur Schlussfolgerungen vorgestellt, denen zufolge die Altenpflege in Schweden große strukturelle Schwächen hat und die Behörden nicht vorbereitet waren, um mit der Pandemie umzugehen. Es ist schlicht unwahr, dass Schweden sich grundsätzlich von seinem Sonderweg verabschiedet.
Auch wenn es ein aussichtsloser Kampf gegen den Mainstream ist, sei noch einmal angemerkt, dass das übrige Leben in Schweden mit überschaubaren Einschränkungen weiterlief und es immer noch tut. Es gab nie ein Herunterfahren des öffentlichen Lebens, ein Vernichten von großen Teilen der heimischen Wirtschaft, Gastronomie und Kultur und die Maskenpflicht wurde zu keinem Zeitpunkt in Erwägung gezogen (Anm.d.Red.: Wenn man sich umschaut ist die Maske auch hierzulande mehr eine Reihe infektionsfördernder Nutzerfehler, denn effektiver Virenschutz). Auch wenn ich es für Schweden nicht explizit nachgeprüft habe, dürften die von der WHO veröffentlichen Studien zur Letalität von Corona auch hier gelten und damit irgendwo in der Größenordnung von Deutschland liegen. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Todeszahlen in der übrigen Bevölkerung außerhalb der Gruppe der Ü80-jährigen nicht signifikanter sein dürfte als in jeder beliebigen, härteren Grippesaison. So what?
Viel wichtiger ist in diesem Zusammenhang, dass das Land dank seines Sonderweges auch ohne Impfung aktuell im krassen Gegensatz zu Deutschland bei einer Durchseuchung von etwa 40% liegen dürfte (Anm.d.Red.: Der berühmte Dreisatz bei 0,2% Letalität und 8000 Corona-Opfer lässt auf 4 Millionen Menschen mit durchlaufener Corona-Infektion schließen. Übrigens habe ich eben kurz gezweifelt, ob diese einfache Herangehensweise stimmen kann, wenn eigentlich durch die seltsame Zählweise in Realität viel weniger Corona-Opfer wirklich am Virus gestorben sind. Stichwort ´letzter Tropfen´. Da aber auch die Studien, die die WHO veröffentlicht, hat auf dieser Zählweise basieren, geht diese Unschärfe auch in die ermittelten Resultate zur Corona-Letalität ein und sollte damit meine Rechnung legitimieren).
Mit anderen Worten: Diese zweite Welle dürfte zumindest in Schweden die letzte gewesen sein. Das wäre dann der größere Erfolg, den Carl Gustav dann gerne nachträglich mit einer entsprechenden Stellungnahme adeln kann.
Schönes Wochenende!