Lasche(t)s Handeln

Ich war nie ein Freund der Bildzeitung. Zu laut, zu polarisierend und immer Auflage durch das Spielen mit den Ängsten der dummen Massen. In der Corona Krise allerdings musste ich meine Meinung teilweise revidieren, ist  ´Die Bild´ doch inzwischen einer der wenigen Medien in Deutschland, die in schöner Regelmäßigkeit den Regierungskurs in der Pandemiebekämpfung in Frage stellt oder aber, wie heute geschehen, enthüllt, wie sich das Reden und Handeln unserer Politiker in der Corona Krise unterscheidet. Ich habe die Titelseite im Blog hochgeladen, die den NRW-Ministerpräsidenten dabei zeigt, wie er bereits kurz nach dem Treffen mit der Bundeskanzlerin, bei dem die Bevölkerung unter anderem zur Selbstdisziplin beim Einhalten der Corona-Maßnahmen aufgerufen wurde, ohne Maske im Linienflieger von Berlin nach Düsseldorf mit seinem Sprecher plaudert. Peinlich scheint ihm allerdings nicht zu sein, dass die Maßnahmen für den Pöbel bei der herrschenden Elite obsolet sind, denn Armin Laschet hat den Vorfall heute mit keinem Wort erwähnt, bevor er in seinem Landtag den erneuten Lockdown verteidigt hat. Dagegen hat er beim Verbreiten seiner Alternativlosigkeiten in Sachen Corona inzwischen ein Timbre in seiner Stimme, dass mich immer mehr an unseren Dorfpastor erinnert. Allerdings hat der sich meinen Erkenntnissen nach wenigstens an die Regeln seines Brötchengebers gehalten.

Interessanterweise hat Laschet gar nicht mehr über die Zahl der Neuinfektionen geredet, die mit weit über 18.000 auch heute wieder auf einen neuen Höchstwert gestiegen war. Beim Versuch driftige Argumente für das erneute blindwütige Handeln von ihm und seiner Kollegen zu finden, hat er wie selbstverständlich plötzlich auch von den Krankenhausauslastungen, beziehungsweise der Intensivbettenbelegung gesprochen. Auch wenn er damit die Argumentation des KBV übernimmt, nicht nach den Gesamtinfektionszahlen zu schielen (Anm.d.Red.: Siehe mein Blog vom 28.10.20, ´Das war´s dann wohl!´),  musste zur Rechtfertigung der eigenen Linie zusätzlich aber noch ein kurz bevorstehendes Überlastungsszenario herbeigeredet werden. Das Perfide daran, kommt es dazu, war es die unvorsichtige Bevölkerung, die trotz Lockdown privat gefeiert hat, bleiben die Intensivbetten, wie schon bei der ersten Welle leer, heftet sich die Bundesregierung das an die stolzgeschwellte Brust. Die Mahner wie Professor Streek oder Schmidt-Chanasit werden nie beweisen können, dass ihr Ampelsystem ohne Schäden für die Wirtschaft hätte funktionieren können.

Besonders bitter, Laschet rechtfertigt die, von vielen Seiten als viel zu pauschal kritisierten Maßnahmen, insbesondere die Schließung der Gastronomie und Kulturstätten damit, dass man bei 75% der Infektionen gar nicht wissen könnte, wo die Infektionsherde liegen würden. Hätte er dabei süffisant gegrinst, ich wäre nicht überrascht gewesen, denn man könnte diesen Beschluss fast schon als Ausgeburt einer sadistischen Freude am Leid anderer sehen. Anders ist es fast nicht mehr zu erklären, wie man sonst guten Gewissens Restaurants mit funktionierenden Schutzkonzepten schließen kann, aber Busse und Bahnen weiter fahren lässt. Nicht nur Nutzer dieses öffentlichen Massentransportmittels berichten mir ständig von überfüllten Kabinen, bei gleichzeitig sehr lückenhafter Maskennutzung, auch ist es inzwischen hinlänglich bekannt, dass bei 100% fremden Mitreisenden kaum eine Infektionskette verfolgt werden konnte (Anm.d.Red.: Dabei ist mir ein Rätsel, wieso die  Warn-App hier nicht eine höheres Ansteckungsrisiko hätte detektieren müssen. Dafür gibt es nur zwei Erklärungen. Entweder ist Bus und Bahn als Infektionsherd politisch nicht gewollt oder es nutzen noch weniger die Corona-App, als die ohnehin schon lächerlich niedrigen Downloadzahlen vorgaukeln. Übrigens ein Widerspruch, der mich schon die ganze Zeit beschäftigt: Wieso unterstützen und befolgen angeblich 75% der Bevölkerung uneingeschränkt die Maßnahmen der Regierung, aber nur 20% haben die Warn-App, als eine der Schlüssel-Werkzeuge der Regierungsstrategie im Kampf gegen Corona heruntergeladen? Da passt doch etwas nicht zusammen). Keine Infektionskette - keine Infektion in Bus und Bahn! Je öfter ich mir diese kommentarlos hingenommene Argumentationsperversität vor Augen führe, umso lächerlicher erscheinen mir die Begründungen der Bundesregierung für den erneuten Lockdown. Dem Gastronom nützt es allerdings wenig. Da werden auch die Hilfen in Höhe von 75% des Vorjahresumsatz nichts ändern (Anm.d.Red.: Der Jahresumsatz gemäß Steuererklärung wohlgemerkt! Dabei wissen doch alle, dass gerade in der Gastronomie viel schwarz an der Registrierkasse vorbeilaufen muss, um in diesem harten Umfeld überhaupt überleben zu können). Mein Lieblingsgrieche hat übrigens erst im Januar 2020 geöffnet. 75% von keinem Umsatz in 2019 sind? ...richtig!

Der NRW-Ministerpräsident wies abschließend darauf hin, dass, sollten die Infektionszahlen sinken, die Grundrechtseinschränkungen sofort zurückgenommen werden. Sollten aber Infektionszahlen steigen, wohlweislich blieb Laschet allgemein und bezog sich nicht auf Covid-19, kann es in Zukunft immer wieder zu diesen Maßnahmen kommen. Man darf also gespannt sein, was bei der nächsten etwas schwereren Grippewelle passiert. Ich hätte nie gedacht, dass es mir mal peinlich sein würde, CDU-Wähler zu sein.

Klar kann es sein, dass die Infektionszahlen in den nächsten vier Wochen des Lockdowns sinken werden. Warum soll man auch mit dem Bus in die Stadt, wenn die Gastronomie geschlossen hat? Nach wie vor wird aber bei jeder Corona-Maßnahme, die uns als alternativlos, aber kurzfristig verkauft wird, immer vergessen daran zu erinnern, dass aufgrund der niedrigen Durchseuchung von unter einem 1% der ganze Infektionstanz jederzeit wieder von vorne losgehen kann. Wie sagte Sepp Herberger so schön: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Leider dauert ein Lockdown mindestens 4 Wochen und eben nicht 90 Minuten.

 

Dann hat sich Jens Spahn noch aus der Quarantäne gemeldet und den Maßnahmen seiner Kollegen brav den Segen vom Gesundheitsamt gegeben (Anm.d.Red.: Als wenn er meinen Blog vom 28.10.20, `Das war´s dann wohl!´ gelesen hätte. Ich muss meine Spekulationen also revidieren, er wäre bei der Verkündung des zweiten Lockdowns praktischerweise nicht dabei gewesen, um seine Kanzlerambitionen zu zementieren). Auch er hat sich in trumpscher Rekonvaleszenz-Geschwindigkeit von der Corona-Infektion erholt und ist bereits auf dem Wege der Besserung. Während Trump gestärkt aus der Erkrankung hervorgeht und aufgrund, der Abwesenheit schwererer Symptome, nun noch mehr und öffentlich an dem Hype um Corona zweifelt, ignoriert Spahn seinen leichten Verlauf komplett und redet von Demut, die ihn ergreift, weil er erkennen musste, dass auch er vor dem Virus nicht gefeit gewesen war. Politiker ziehen offensichtlich, im Gegensatz zum normal Sterblichen, aus den Unwägbarkeiten des Lebens nicht die logischen, sondern immer nur die Schlüsse, die ihnen gerade machtpolitisch brauchbar erscheinen. Von daher müssen wir uns keine Sorgen machen, dass der gute Jensemann von Demut in Depression verfällt, sollte er zukünftig einmal was Schlimmeres als eine milde Corona-Infektion bekommen. Einen eingewachsenen Zehennagel zum Beispiel.