Von Amts wegen

Breaking News, Jens Spahn hat sich mit Corona infiziert. Zunächst ist es eben nicht der Beweis, dass es jeden treffen kann, wie ntv umgehend feststellte und damit einmal mehr dem Gott des Offensichtlichen huldigte. Der interessierte Bürger sollte sich vielmehr fragen, wie das passieren konnte, da der Bundesgesundheitsminister doch immer betonte, wie effektiv der Infektionsschutz ist, wenn man sich nur exakt an die eigenen sinnvollen Schutzmaßnahmen hält. Ist da einer heimlich als Maskenverweigerer unterwegs gewesen? Außerdem muss sich der gute Jensemann auch die Frage gefallen lassen, wieso er mit Erkältungssymptomen  heute Morgen überhaupt zur Kabinettssitzung gegangen ist und inwieweit jetzt gemäß eigener Regelungen auch alle anderen Teilnehmer in häusliche Quarantäne müssen (Anm.d.Red.: Eventuell hat er sich auch nur an Trump ein Beispiel genommen und sich zur rechten Zeit infiziert. Allerdings nicht um, wie im Fall des US-Präsis die Harmlosigkeit von Corona zu beweisen, sondern das genaue Gegenteil. Dann dürfen wir zusehen, wie er in der Folge bis auf die Intensivstation durchpreschen wird, um allen zu zeigen, wie gefährlich das Virus ist. Immerhin bleiben uns derweil seine Pressekonferenzen erspart).

Kommen wir nun einmal mehr zu der beliebten Rubrik `Medien und Realitätsverzerrung´. Nehmen wir nur einmal die Berichterstattung aus Frankreich. Kein deutscher Nachrichtensender, der nicht über tägliche Neuinfektionen berichtet, die in Richtung 30.000 gehen volle Krankenhäuser und Lockdown-ähnliche Maßnahmen der Regierung, die für leere Straßen sorgen. Dazwischen immer wieder Interviews mit folgsamen Franzosen (Anm.d.Red.: Allein der Ausdruck ´folgsame Franzosen´ klingt für mich wie ein Oxymoron), die sich an die Regeln halten und zu Hause bleiben oder aller Orten mit Maske auftauchen.  Dann schaue ich mir gestern die Champions League an, unter anderem Rennes gegen FC Krasnodar. Nicht nur, dass es offensichtlich bei der Weltuntergangssituation in Frankreich offensichtlich kein Problem ist 5000 Zuschauer im Stadion zuzulassen, auch die angeblich so verängstigten Franzmänner feierten ihre Mannschaft dicht gedrängt und mit heruntergelassenen Masken. Da fragt man sich doch, wie es wirklich in Frankreich aussieht und ob sich der deutsche Michel nicht mal am westlichen Nachbarn ein Beispiel nehmen sollte, statt sich permanent verrückt machen zu lassen.

Natürlich kann man nun als Coronatiker wieder anmerken, dass Fußballfans nicht repräsentativ sind, weil sie auf der Evolutionsstufe meist eine Stufe niedriger stehen, dass Alkohol im Spiel war und ich sowieso auch ich nur alle Informationen aus dem Internet zusammensuche und deshalb genauso belastbar sind oder eben nicht, wie die offiziellen Kanäle, wenn es um ein korrektes Bild der Corona-Lage geht. In diesen Momenten bin ich immer meinen Lesern dankbar, die mich mit Berichten aus erster Hand versorgen, die eine Ahnung geben, wie es in diesen Tagen wirklich läuft. Deshalb bin ich ´proudly to present´ mal wieder ein Beispiel aus dem täglichen Corona-Leben, das die Diskrepanz von Pressesicht und Realität deutlicher nicht darstellen kann.

Thema: Alten- und Pflegeheime und die damit zwangsläufig involvierten vulnerablen Gruppen. Als gut erzogener Corona-Skeptiker bekommt der Mainstream den Vortritt. Glaubt man den Medien, hat man seit der ersten Welle viel gelernt und ein besonderes Augenmerk auf die Alten- und Pflegeheime gelegt. Gerade heute hat Markus Söder wieder angemerkt, wie viel dort getestet wird, um eine Infektion bei diesen hoch gefährdeten Menschen zu vermeiden. Ein netter Zug, hat man diese armen Leute doch noch vor ein paar Monaten zu ihrem eigenen Wohl weggesperrt und sich hinterher gewundert, dass dort Vereinsamung und Depression Einzug hielt. Es ging sogar soweit, dass dort ohne Beistand der Angehörigen gestorben wurde (Anm.d.Red.: Da soll mal einer sagen, die Regierung wäre nicht lernfähig). Hier macht man nach Ansicht der Regierung inzwischen alles richtig und wenn doch mal wieder eine Infektionswelle über eine solche Einrichtung hinwegrollt, dann haben wir inzwischen gelernt, dass es sich nicht wie bei der ersten Welle angenommen um höhere Gewalt handelte, sondern der gemeine infizierte Maskenverweigerer in seinem kranken Wahn im Heim Alte und Kranke angehustet hat.

Da es aber den Gesundheitsämtern laut einer Reportage von heute immer schwerer fällt Infektionsketten zu verfolgen, kann man solcherlei verruchtes Treiben nicht immer nachweisen und so hat man zur Zeit noch keine Erklärung dafür, wie es zu dem Corona-Ausbruch in einem Pflegeheim in Ulm/Laichingen gekommen sein könnte, bei dem 62 Bewohner und Mitarbeiter infiziert wurden und 4 Bewohner bereits gestorben sind (Anm.d.Red.: Auch wenn nicht explizit erwähnt, schwingt im Subtext wie immer mit, dass es sich bei den Todesopfern natürlich um rüstige Rentner gehandelt hat, die nach einer Karriere als durchtrainierter Marathonläufer ohne Vorerkrankung in der Blüte ihres Lebens durch ein Mördervirus aus dem Leben gerissen wurden. Es ist undenkbar, dass sich in einem Altenheim auch Patienten befinden könnten, die so krank sind, dass sie schon ein leichter Durchzug das Leben kosten würde).

Soweit die offiziellen Sprachrohre, die alle gerade noch ein wenig ratlos nach Ulm schauen und hin zu dem realen Fall, der sich gerade in unserer Nachbarstadt abgespielt und, in seiner Ungeheuerlichkeit, der Geschichte mit dem ´Corona-Mobil´ in Nichts nachsteht (Anm.d.Red.: Siehe mein Blog vom 29.09.20, `Corona-Mobil`). Dieses Beispiel aus dem realen Leben liefert nicht nur eine mögliche Erklärung, wie es in dem Alten- oder Pflegeheim in Laichingen zu einer unkontrollierten Ausbreitung kommen konnte, sondern beweist einmal mehr, dass die idealisierte Darstellung im professionellen Umgang mit Corona in den Medien dem Realitätscheck nicht ansatzweise standhält. Wie immer verzichte ich auf zu viele Details, um meine Quellen zu schützen. Es muss als Eingangsinformation reichen, dass es sich um Corona-Infektionen beim Pflegepersonal in einem Altenheim handelt, in dem man naturgemäß hauptsächlich mit vulnerablen Gruppen zu tun hat.

Die Geschichte beginnt damit, dass sich eine Pflegekraft mit Erkältungssymptomen krankgemeldet hat und dann in der Folge positiv auf Corona getestet wurde. Es ist bekannt, dass man auch ohne Symptome bereits ansteckend sein kann und somit besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Pflegekraft noch Kontakt mit Heimbewohnern hatte, als sie schon infektiös war. Es ist nicht überliefert, wieviel Zeit zwischen Krankmeldung und positiven Corona-Test vergangen ist (Anm.d.Red.: Ich habe zumindest nur niederschmetternde Berichte in NRW von Leuten bekommen, die sich nicht nur unter größten Mühen testen lassen konnten, sondern dann auch bis zu fünf Tage auf ihre Ergebnisse warten mussten). Die Heimleitung hat sich folgerichtig an das zuständige Gesundheitsamt gewandt und den Vorfall gemeldet, natürlich um einen umgehenden Test aller Pfleger und Heimbewohner zu erhalten. Wer nun glaubt, das von der Regierung beschworene und gut geschmierte Getriebe des Pandemieschutzes würde nun anlaufen sieht sich getäuscht. Das Amt sieht keine Veranlassung für umfassende Tests und auch keinen Grund sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen. Im weiteren Verlauf haben sich bisher noch vier weitere Pflegekräfte von derselben Station des Heimes mit positivem Corona-Test in die häusliche Quarantäne begeben, ohne dass das Gesundheitsamt aktiv geworden wäre. Allerdings dürfte mir jeder zustimmen, dass es nur dem reinen Zufall oder was schlimmer wäre der Inkubationszeit zu verdanken ist, dass aktuell noch kein Corona-Fall bei den Bewohnern des Pflegeheims aufgetreten ist (Anm.d.Red.: Zumindest hat es noch keinen Fall mit erkennbaren Symptomen gegeben. Tests liegen wie gesagt nicht vor). Die Heimleitung bettelt inzwischen darum, wenigstens Tests für die betroffene Station zu erhalten. Die Antwort ist zurzeit noch offen und man darf gespannt sein, wie es weitergeht.

Die Tatsache, dass es in der zweiten Welle im Pott noch keine neuen Katastrophen in Heimen gegeben hat, ist sicher nicht dem Effekt geschuldet, dass wir es hier mit einem besonders harmlosen Schwippschwager des eigentlichen Corona-Virus rumschlagen oder der Pütter einfach die besseren Abwehrkräfte besitzt. Ich tendiere eher dazu, dass es sich angesichts solcher Dilettanten um reines Glück gehandelt hat und eben nicht um ein Resultat der, in Regierungskreisen vielzitierten professionellen Arbeit der entsprechenden Stellen. Als alternative Erklärung könnte man noch einwerfen, dass man die Infektiosität des Virus immer noch komplett überschätzt, wovon ich aber Abstand nehme, um nicht schon wieder bei den Schmuddelkindern in der rechten Ecke zu landen.

Da ich nicht davon ausgehe, dass in Restdeutschland die offiziellen Stellen alle vor Fachkompetenz strotzen und man nur im Pott zu blöde ist, um die Regierungsrichtlinien in Sachen Corona effektiv umzusetzen, kann davon ausgegangen werden, dass auch in Laichingen ähnliche Verkettungen amateurhafter Zustände zu der Eskalation in besagtem Altenheim führten.

 

Abschließen möchte ich den heutigen Blog mit der Frage eines befreundeten Unternehmers an das hiesige Gesundheitsamt, ob er sich nach einem Aufenthalt in einem Risikogebiet auch in seiner kleinen Dreherei in Quarantäne begeben könnte. Er hätte viel zu tun und käme mit der Arbeit nicht nach. Antwort des Amtes: ´Machen sie nur, wir kommen sowieso nicht vorbei! ´