Ich sitze vor dem Fernseher und kann nicht glauben, was ich gerade in den Nachrichten gehört habe. Es ist offiziell. Im Berchtesgadener Land hat man den ersten lokalen Lockdown Deutschlands durchgezogen, weil die Infektionszahlen zu stark gestiegen sind. Das bedeutet, dass ab heute Abend, ausgerechnet in diesem eigentlich dünn besiedelten Gebiet am Fuße der Alpen, im lokalen Rahmen wieder anfängt, was die Politik mit ihren sinnlosen Maßnahmen eigentlich mit allen Mitteln vermeiden wollte. Obwohl inzwischen hinlänglich bekannt sein dürfte, dass die Gesundheitsämter völlig überlastet sind bei der ohnehin äußerst zweifelhaften Verfolgung von Infektionsketten, will man natürlich die Gründe für den Anstieg der Infektionen herausgefunden haben. Wie immer ist es eine Party sowie das Nichteinhalten der unsäglichen AHA-Regeln (Anm.d.Red.: Überhaupt gibt es zur Erklärung eines Infektionsanstieges nur drei Gründe: Ausbruch in einem Großbetrieb, Party und Maskenverweigerer. Es ist übrigens auffällig, dass man bei den arabischen Hochzeiten in Medien und Internet immer nur von einer ´Hochzeit´ oder ´Familienfeier´ redet, während man nun in Berchtesgaden offensichtlich kein Problem hatte, den Schuldigen en detail zu enttarnen. So kann man ganz einfach recherchieren, dass es sich bei dem Superspreaderevent um einen Gottesdienst in der Pfarrei Aufham handelte, bei dem eine Orgel feierlich eingeweiht werden sollte. Christen vor der Welt hinzuhängen scheint im Abendland durchaus möglich, während man Muslime tunlichst nicht kritisiert. Schließlich kann man dabei schnell seinen Kopf verlieren). Dabei sollte jeder, der mit offenen Augen durch Deutschland geht inzwischen erkannt haben, dass sich Befolgung und Verstoß bei den teils verwirrenden Corona-Regeln irgendwo die Waage halten, Ballungsräume exponiert sind und es andauernd potenzielle Superspreader-Events gegeben hat, aus denen nicht eine einzige Infektionskette hervorgegangen ist. Teilweise hat man sogar schon selber an solchen Veranstaltungen teilgenommen und/oder sich unversehens mitten in einer Menschenmasse wiedergefunden. Mit anderen Worten, Risikogebiet oder nicht ist in der kalten Jahreszeit Zufall und nicht die Schuld oder gar Böswilligkeit der Bevölkerung. Auch nicht in Berchtesgaden.
Da Zufall aber nicht sein darf, denn das legt den Verdacht nahe, die Regierung hätte keinen Einfluss auf den Verlauf der Pandemie, muss bei jedem Überschreiten des selbst definierten Grenzwertes ein Grund her und so läuft der Infektionskreis des Teufels in diesen Tagen immer nach demselben Muster ab: Hohe Zahlen – Schuldigen und damit Grund definieren – Maßnahmen verschärfen – hoffen, dass die Sterne günstig stehen und die Zahlen zufällig sinken – wenn ja, Aufatmen und zurück auf Anfang, meistens im Moment aber nein und somit Verschärfung beziehungsweise Lockdown.
Dabei scheint es niemanden zu stören, dass die Verantwortlichen bereits bei der Suche eines Grundes keinen Wert auf Glaubwürdigkeit legen. Erinnern wir uns nur an die Dame aus Garmisch-Partenkirchen, die für kurze Zeit davor stand, für den Corona-Untergang des deutschen Reiches verantwortlich gemacht zu werden (Anm.d.Red.: Siehe unter anderem mein Blog vom 16.09.20, ´Mallus Malleficarum´). Nichts ist passiert, und so ist die Regierungshorde bewaffnet mit Mistgabeln und Fackeln weitergezogen, um andere Opfer zu finden, denen man die gerade ansteigenden Zahlen in die Schuhe schieben kann. Das Spiel der Bayern im Corona Hotspot Prag war auch so ein Grund, der wegen Bedeutungslosigkeit ad acta gelegt werden musste. Kein Fan aus München hat sich gefunden, um den Superspreader zu geben. Und jetzt die Mär von dem Superspreader-Event in Berchtesgaden. Dabei stimmt allein schon die Inkubationszeit hinten und vorne nicht, denn der besagte Gottesdienst in Aufham fand am letzten Samstag statt, also gerade mal 72 Stunden bevor die lokale Politik sich hinstellte und den lokalen Lockdown aufgrund explodierender Infektionszahlen verkündete. Es mag dem im Gehirn weichgespülten TV-Konsumenten vielleicht entgangen sein, dass sich beim Corona-Virus eine Ansteckungsgefahr frühestens nach fünf bis zehn Tagen entwickelt, aber wenigstens von der versammelten Presse hätte ich mir eine Nachfrage gewünscht (Anm.d.Red.: Hamburg wird dagegen ein gutes Beispiel sein, wie sich Maßnahmenverschärfungen ohne Lockdown auf die Infektionszahlen auswirken. Der Bürgermeister hat heute als einer der wenigen und richtigerweise herausgestellt, dass erst letzte Woche die Maßnahmen verschärft wurden und man somit erst die Inkubationszeit abwarten muss, um den Effekt auf die Infektionszahlen zu sehen. Ich lehne mich aus dem Fenster und bleibe dabei: Sollten die Zahlen in Deutschland in den nächsten Tagen nicht sinken, werden sie dies auch in Hamburg nicht tun. Mit anderen Worten, es wäre der Beweis, dass die ständige Regelverschärfung nichts nützt! Man darf gespannt ein!).
Ob man nun einen Grund hat oder nicht. Der lokale Lockdown in Berchtesgaden steht vorerst 14 Tage und wird der Wirtschaft der Tourismusregion, die ohnehin wie überall in Deutschland am Boden liegt, einen weiteren schweren Schlag verpassen. Trotzdem wird sich keiner dagegen wehren, denn wenn die Einwohner im Berchtesgaden Land sich in den nächsten zwei Wochen tot stellen und nicht vor die Tür gehen, geschweige denn reisen, liegt es in der Natur einer Pandemie, dass die Infektionszahlen zurückgehen und irgendwann auch der unsägliche Grenzwert wieder unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner sinken wird.
Leider wird sich die Regierung dadurch fälschlicherweise in ihrer Strategie bestätigt sehen, denn auch in die andere Richtung sitzen die Argumente locker. Was den steigenden Infektionszahlen die ungeschützte Party (Anm.d.Red.: Ein Gottesdienst im Erzkonservativen Niederbayern. Ich weiß immer noch nicht ob ich lachen oder weinen soll) ist den sinkenden die politische Führungsstärke und des Volkes Disziplin. Als heute in Deutschland die Infektionszahlen leicht gegenüber dem letzten Freitag gesunken sind, konnten Presse und Politik nämlich nicht schnell genug versichern, dass die Verschärfungen der Corona-Regeln und Appelle an die Bevölkerung in den letzten Tagen der Grund für diese positive Entwicklung wären. Wer´s glaubt?! Letzten Endes wird man uns weiter mit sinnlosen Regeln überziehen, obwohl die auch Berchtesgaden nicht vor dem Lockdown gerettet haben. Aber wen interessieren in diesen Zeiten schon Kausalzusammenhänge.