Trump krank

Heute ist ein Tag, an dem es für unsere Aufmerksamkeits-gewohnten Coronatiker hier in Deutschland ungewohnt ruhig ist. Die Musik spielt auf der anderen Seite des Atlantiks. Donald Trump und seine Frau Melania haben sich endlich mit Corona infiziert. Zunächst einmal eine gute Nachricht für die Virologen, die auch nach einem dreiviertel Jahr immer noch so wenig über das Virus wissen wollen. Ab heute können sie sicher sein, dass das Virus nicht durch Geschlechtsverkehr übertragen wird.

Ich habe es eigentlich schon viel früher erwartet, denn auf den Wahlkampfveranstaltungen kam der US-Präsident mit tausenden von Menschen zusammen und da ist die Wahrscheinlichkeit von einem Corona-Infizierten angesteckt zu werden hundert Mal höher als für den normalen Amerikaner (Anm.d.Red.: Ich bin überzeugt, daran hätte auch die Maske nichts geändert. Boris Johnson hatte sich auch trotz Maske infiziert und der war nicht mit so vielen Leuten in Kontakt, wie Trump im Wahlkampf. Beweisen kann man es nicht, was aber die Maskenbefürworter und damit den Mainstream nicht daran gehindert hat, das gespaltene Verhältnis der Republikaner zur Maske sofort als einen Hauptgrund für Trumps Erkrankung zu manifestieren). Es hagelt jetzt sekündlich neue Nachrichten, von denen viele auf Fakten basieren, aber es dürften auch schon im Hintergrund von allen politischen Freunden und Gegnern in den USA fieberhaft überlegt werden, wie man die aktuelle Situation für sich bestmöglich nutzen kann.

Da wäre zunächst einmal die Frage, wo sich das Präsidentenpaar angesteckt hat. Ich persönlich kann nicht verstehen, was daran so wichtig ist. Für die große Fraktion der Befürworter der Corona Gefahr besonders in Deutschland sieht das schon ganz anders aus. Das Verfolgen der Infektionsketten ist nämlich hierzulande ein essenzieller Bestandteil der Regierungsstrategie bei der Rechtfertigung der Corona-Regeln, wurde es doch zu einem Werkzeug stilisiert, das helfen soll die Infektionszahlen im Griff zu behalten. Vor dem Hintergrund, dass bei jedem Menschen die Inkubationszeit unterschiedlich zwischen 5 und 14 Tagen dauern kann und man in der Zeit im Normalfall mit viel zu vielen Menschen Kontakt hatte, bekannte wie unbekannte, halte ich Untersuchungen zu Infektionsketten schon seit Beginn der Pandemie grundsätzlich für ein sehr schmales Brett. Im Falle des amerikanischen Präsidenten will man Trumps Beraterin Hope Hicks als Virenschleuder gefunden haben. Es könnte auch genau umgekehrt gewesen sein oder alle haben sich ganz woanders angesteckt. Aber solcherlei Fragwürdigkeiten stören bei der Berichterstattung in der Corona-Pandemie nicht, denn es geht schon lange nicht mehr um den Wahrheitsgehalt einer Meldung, sondern welche Reaktion sie mit ihrer Publikation auslösen soll.

  Alle Meldungen bezüglich der präsidialen Corona-Erkrankung auf ihre Belastbarkeit zu überprüfen würde den Rahmen dieses Blogs sprengen. Ich werde mich deshalb auf die Interessantesten beschränken müssen. Denn während die Chefredakteure  der gleichgeschalteten Sender heute Morgen offensichtlich noch keine genaue Richtung von den jeweiligen Chefs bekommen hatten und so hauptsächlich und überraschenderweise nur reine Fakten ohne unterschwellige Meinungsmache zu Trumps Infektion gesendet hatten, hat sich, nennen wir sie mal die ´Interessengemeinschaft aus Politik, Wirtschaft und Medien´ inzwischen offensichtlich die Karten gelegt: Die Corona-Erkrankung muss der Infektions-gewordene Beweis sein, dass der Präsident nun im Wahlkampf über etwas stolpert, dessen Existenz er seit Monaten geleugnet hat und es darf keine Rolle spielen, ob die Erkrankung einen schweren oder leichten Verlauf nimmt (Anm.d.Red.: Noch einmal, ich mag Trump nicht,  aber es geht nun mal nicht um Sympathien, sondern darum, dass alle Seiten immer schön bei der Wahrheit bleiben sollten).

Bevor man aber an der Demontage Trumps arbeiten kann, steht auf dem glatten Parkett der internationalen Beziehungen oder eben Animositäten zunächst eine andere Amtshandlung an: Politiker aller Welt vereinigt euch und wünscht gute Besserung! Da dieses schleimige Opportunistengesocks sich hüten muss gegenüber dem politischen Gegner Häme zu äußern, schickt man von offizieller Seite scheinheilige Genesungsposts, emotional kommentiert von den Nachrichtensprechern, die sich sicher sind, dass alle, unabhängig vom politischen Lager als Altruisten, die Politiker nun einmal sind, Trump nur das Beste wünschen. Das kann man so unkommentiert stehen lassen. Ich gehe kurz nach nebenan und lache noch ein wenig.

Die Drecksarbeit und das Transportieren der wahren Gefühle überlässt man der anonymen Masse. Die Medien haben dabei die Aufgabe, die größtmögliche Empörung bei Trumps Umgang mit Corona zu erzeugen, um die Bevölkerung maximal gegen Trump aufzustacheln. Deshalb erinnert man zunächst daran, dass der US-Präsident, das Virus stets verharmlost hat (Anm.d.Red.: Anfänglich hat man sogar die Formulierung ´geleugnet´ verwendet, aber dann doch offensichtlich ein wenig Angst vor einer Lüge in dieser neuen Dimension bekommen. Die Aussage wurde somit schnell zu einer der berühmten coronalen ´One-Hit-Wonder´). Es scheint sich niemand die Frage zu stellen, warum das an dieser Stelle wichtig sein soll. Ob Corona, Grippe oder Hämorriden, der Krankheit ist es ziemlich egal, was derjenige von ihr hält, den sie ereilt. Die berieselte Masse hat solcherlei Gedanken nicht und schluckt wie üblich ungeprüft alles, was man ihnen über den Äther schickt. Schlimmer noch, sie tappt in die aufgestellte Emotionsfalle, zeigt die Schadenfreude, die Politiker als Grundstimmung für ihre Ziele generieren wollen, aber nicht selber offen zeigen dürfen. Um zu verhindern, dass der ein oder andere sich seiner rudimentären Erziehung als mitleidempfindendes Wesen erinnert und ein schlechtes Gewissen bekommt, zitieren alle Sender in Dauerschleife entsprechend gleichlautende Schmäh-Posts aus dem Netz, die Trump neben Corona noch die Pest, Cholera und Haarausfall an seinen runzeligen Hintern wünschen (Anm.d.Red.: Während mir der Gag in Bezug mit Trumps Bemerkung sich doch Desinfektionsmittel zu injizieren in Verbindung mit dessen Corona-Erkrankung etwas zu platt erschien, war sich die kleine Zopf-Greta Schergin Luisa Neubauer nicht zu schade sich fern ihres Interessengebietes - Kernkompetenz oder Fachgebiet wäre eine Beleidigung – in die Aufmerksamkeit zu wanzen). Abgerundet wird die Gehirnwäsche durch die beliebte und total repräsentative Umfrage aus der Fußgängerzone, bei der überraschenderweise alle Befragten der Meinung sind, dass es dem US-Präsi recht geschehen ist. Fortan wird diese Häme das Grundrauschen während Trumps Corona Infektion darstellen.

Es macht jetzt wenig Sinn über die Ereignisse der nächsten Tage en detail zu spekulieren. Fällt Trump in den nächsten Tagen tot um, übernimmt sein Vertreter Mike Pence bis zur Wahl und Biden wird neuer US-Präsident, da es eher unwahrscheinlich ist, dass er beim Fernsehduell von ihm angesteckt wurde. Eher stirbt der Mann vorher an Altersschwäche.

Sollte die Erkrankung von Donald einen schweren Verlauf nehmen (Anm.d.Red.: Immerhin ist er Risikogruppe. Das bedeutet natürlich immer noch eine Wahrscheinlichkeit von 1:100, aber natürlich höher, als wenn er jeden Morgen ums Weiße Haus joggen würde) oder gar jemand aus seiner Entourage an/mit Corona sterben, wird Biden die Wahl ebenfalls gewinnen.

Nur wenn Trump wenig oder gar keine Symptome haben wird, dürfte es eng werden. Alle politischen Gegner dies- und jenseits des Atlantiks mögen in Dauerschleife die Hoffnung äußern, dass die Infektion Trump läutern würde und er fortan die Corona ernster nehmen wird. Dies blieb aber auch bei dem brasilianischen Präsidenten Bolsonaro ein frommer Wunsch und bewirkt eher das Gegenteil (Anm.d.Red.: Ich wüsste auch nicht wieso ich mich als Corona-Paulus zurück zum Saulus entwickeln sollte, nur weil ich mich angesteckt hätte. Dauerschleife an – wir leugnen das Virus nicht, wir bezweifeln seine überhöhte Gefährlichkeit – Dauerschleife aus). Trump würde gestärkt aus der Sache hervorgehen.

 

Es gibt aber auch noch eine vierte Möglichkeit, die mir heute Morgen sofort durch den Kopf geschossen ist. Während alle jovial bezweifeln, dass der amtierende Präsident es nun noch schaffen wird das Narrativ im Wahlkampf noch einmal an sich reißen, könnte Trumps Infektion vielleicht nur ein Bluff sein. Er geht vier Wochen vor der Wahl in Quarantäne, twittert munter drauflos und wird nach zwei Wochen wieder auftauchen, ohne irgendwelche Symptome gehabt zu haben. In den verbleibenden zwei Wochen des Wahlkampfes kann er dann beweisen, dass der Angsthase und Maskenträger Biden die falsche Wahl ist. Eine brillanter Schachzug , um die 7% Vorsprung von seinem demokratischen Widersacher zusammenschmelzen zu lassen, wie Butter in der Sonne. Dann wäre die Corona-Diagnose von Hope Hicks entweder ein geplanter Schachzug oder aber die Geburt einer großartigen Idee gewesen, mit der Trump doch noch die Wahl gewinnen kann. Aber das wäre eine böse Verschwörungstheorie und ich habe doch für mich beschlossen dem keinen Beachtung zu schenken, zumal ich mir nicht nachsagen lassen will, dieselbe Denkweise wie Christian Lindner zu pflegen, der als einziger Politiker heute Morgen statt Genesungswünschen ansatzweise diese Fake-Vermutung geäußert hatte.