Impfindlich

Ich sitze gerade bei meinem Lieblingsgriechen und mache im Schatten eines Sonnenschirms einen kleinen Lunchbreak. Bei diesem Wetter ist der Corona-Homeoffice-Alltag sehr angenehm. Gedankenverloren schaue ich einem Krankentransport zu, der im Altersheim gegenüber einen Rentner abgeholt und ihn inklusive Rollstuhl gerade hinten ins Auto packt. Die Dame des Heims, die beiden Bufdis und der Rentner tragen den Mundschutz modisch keck um den Hals. Daran ändert sich auch nichts, als die die drei wenig später vom Hof reiten. Vor ein paar Wochen hätte ich mir angesichts dieser, sich überall offenbarenden Diskrepanz zwischen Regierungsvorgabe und Realität noch das Mittagessen verderben lassen. Inzwischen empfinde ich diese Ereignisse nur noch als die übliche Realsatire im Corona-Grundrauschen, besonders wenn ich mir dann im Fernsehen wenig später Markus Söder anhören muss, der davor warnt bei der Beachtung der Schutzmaßnahmen nachlässig zu werden, weil sonst schnell mal das Virus vor einem Altenheim stehen könnte.

Ich kann mich zurücklehnen und die Tage zählen. Schließlich ist doch mit der Freigabe eines Impfstoffes alles vorbei. Oder freu ich mich da etwas zu früh?

Die Diskussion um die Impfstoffentwicklung reißt nicht ab.  Ich persönlich habe mir zu dem Thema ein etwas exakteres Bild gemacht (Anm.d.Red.: siehe mein Blog vom 10.09.20, `Impfverweigerer, Teil 2`). Damit dürfte ich etwa 90% der Restbevölkerung etwas voraus haben. Politik und Pharmaunternehmen können noch so sehr versichern, dass trotz des Zeitdruckes hier nicht gehetzt wird. Ich bleibe dabei: Wer Spaß an Langzeitschäden hat, darf gerne vorangehen. Ich bin raus!

Sorgen machen mir nach wie vor die Diskussionen um eine Impfpflicht, auch wenn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Markus Söder heute in Pressekonferenzen diesem Vorstoß von Seiten der Presse wieder eine Absage erteilt haben. Wie belastbar solche Statements allerdings sind, hat die Regierung gerade wieder bewiesen, als unsere Bundeskanzlerin heute freundlich, aber bestimmt Horst Seehofer zum Überdenken seiner Position in der Flüchtlingsfrage animiert hat (Anm.d.Red.: Der Innenminister hatte noch letzte Woche die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland abgelehnt, solange man noch keine gemeinsame europäische Lösung gefunden hat. Letztere ist in weiter Ferne, während Seehofer dagegen bereits nach wenigen Tagen eingeknickt ist und, auf Betreiben von Angela Merkel, dem Druck der linken Gutmenschen nachgeben musste. Die CDU hat angeboten 1500 Flüchtlinge aufzunehmen und will im Jahr ihrer EU-Ratspräsidentschaft mit gutem Beispiel vorangehen, während die Rest-EU wie schon 2014 in großen Teilen nicht folgen wird).

Die Zahl an Impfungen, die Jens Spahn heute bei einer Pressekonferenz zur Impfstoffsuche in den Raum gestellt hat, um für die Bevölkerung eine Herdenimmunität zu erreichen, wird mit den bekannten 60-65% angegeben (Anm.d.Red.: Damit liegt sie, auch wenn das eine wenig mit dem anderen zu tun hat, ungefähr in der Größenordnung des Prozentsatzes, den derselbe Mann vor ein paar Wochen für die ordnungsgemäße Funktionsweise der Corona App herausgegeben hatte. Inzwischen liegen wir bei ca. 20% und ich bin nicht überzeugt, dass die angestrebten 60% App-User noch vor der Bereitstellung eines Impfstoffes erreicht werden. Irgendwie ein seltsam niedriger Wert, wo doch angeblich die bevölkerungsweite Zustimmung und Beachtung der Corona-Schutzmaßnahmen weit über 80% liegen soll). Als Corona-Skeptiker, der tagtäglich vorgehalten bekommt, in welcher überwältigenden Minderheit er sich mit seinen Bedenken in Deutschland befindet, kann von der Regierung erwarten, dass sie genug Freiwillige zur Impfung aus den Reihen ihrer Corona-Jünger mobilisiert. Wir Kritiker der Corona-Regierungsstrategie haben jetzt über Monate akzeptiert, dass keine natürliche Durchseuchung gewünscht ist und brav alle Schutzmaßnahmen mitgemacht und des lieben Friedens willen den Corona-Panikern eine zweifelhafte Sicherheit vorgegaukelt. Jeden ´Flatus in Cerebri´ in Sachen Corona-Regeln der Regierung haben wir über uns ergehen lassen, weil man uns versichert hat, dass mit einem Impfstoff wieder Normalität einkehren wird (Anm.d.Red.: Erschreckend an der aktuellen Situation sind dabei Aussagen auch aus meinem näheren Umkreis, von Leuten, die sich inzwischen mit dieser unsäglichen ´neuen Normalität´ arrangiert haben. Es mag sein, dass so mancher sich ans Maskentragen im Supermarkt gewöhnt hat und auch im täglichen Leben keine größeren Einschränkungen erfährt. Allerdings befindet sich keiner dieser ´Betroffenen´ in Kurzarbeit, hat eine Kneipe oder Boutique, besitzt ein Reisebüro oder spielt in einer Band. Ich erwarte somit auch von diesen Corona-Mitläufern dieselbe Rücksicht, die ihnen bisher von denen entgegengebracht wurde, die das Leben nicht mit einem bequemen Homeoffice-Arbeitsplatz unterm Hintern gesegnet hat. Wenn jetzt mit einem Impfstoff die Voraussetzungen geschaffen wurden, erwarte ich, dass auch sie, die sich offensichtlich mit dem neuen Leben als Couchpatato arrangiert haben, aktiv alles tun, um denen wieder eine Perspektive zu geben, denen das Virus beziehungsweise die Regierung übel mitgespielt haben oder die einfach wieder frei leben wollen).

Ich denke es ist nicht zu viel verlangt, wenn ich erwarte, dass nun die, vom Gesundheitsministers vielzitierte Mehrheit der Bevölkerung sich einen Tag nach Freigabe eines Impfstoffes in lange Schlangen vor den Impfstellen einfindet. Ich habe ein moralisches Recht darauf, dass die sich impfen lassen, die mir seit Monaten mit ihrer Corona-Panik tierisch auf den Sack gegangen sind. Ganz vorne in der Reihe erwarte ich die Herren Spahn, Söder, Lauterbach und Drosten. Hier darf auch ruhig eine richtig dicke Nadel verwendet werden.

Inzwischen sitze ich wieder mit vollem Bauch im Homeoffice und während ich noch hoffe, dass mit dem Impfstoff wirklich wieder Normalität eintritt und wir nicht, wie heißt es so schön, ´weiter überall dort Mundschutz tragen müssen, wo der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann`, bringt ntv eine Reportage zum Schulbeginn in Baden-Württemberg. Es geht darum, dass die Kinder in der Schule Abstand halten, aber im Schulbus, zwar mit Mundschutz, aber doch dicht zusammenstehen müssen. O-Ton ntv: ´Dabei weiß doch jedes Kind, dass der normale Mund-/Nasenschutz nur Sinn macht, wenn man auch den nötigen Abstand einhält! ´ Wenn es nicht so traurig wäre…

 

Ich wünsche mich manchmal nach Schweden. Dort leben offensichtlich intelligentere Menschen, denn man setzte von Anfang an auf Eigenverantwortung und einfachste Sicherheitsvorkehrungen bei den vulnerablen Gruppen.  Ganz ohne diese widersprüchlichen Regeln, die in Deutschland noch nicht einmal mehr die Presse auf die Kette bekommt, zählt man dort gerade die niedrigsten Infektionszahlen seit Beginn der Pandemie. Während man in Stockholm ohne Mundschutz in Straßencafés sitzt, kämpfen große Teile Resteuropas mit steigenden Zahlen bis hin zur zweiten Welle, obwohl die Bevölkerung hierzulande rumlaufen muss wie Hannibal Lecter zu besten Irrenhauszeiten.