Da ich mich viel zu wenig mit Corona beschäftige, habe ich mir am Wochenende noch eine Serie angeschaut, bei der eine Viruspandemie über die Welt hinwegrollt. Haupthandlungsort ist die kleine fiktive Insel Sløborn vor Husum, die zu einem ersten Infektionsherd in Deutschland mutiert, als man auf einer angetriebenen Segelyacht ein totes amerikanisches Ehepaar findet, das vom Virus dahingerafft wurde (Anm.d.Red.: Der Film beschäftigt sich nicht mit solchen Banalitäten der Zählung, wie ´an´ oder ´mit dem Virus´ gestorben. Das Schöne an Kino ist, man erspart dem Zuschauer Diskussionen, ob der 90-jährige halbtote Krebspatient ohne die Virusinfektion noch zwei Wochen hätte leben können. Solcherlei Winkelzüge, wie sie die Bundesregierung in den letzten Monaten offensichtlich nötig hat, um ein nicht besonders letales Virus wie Corona zur Geißel der Menschheit aufzubauschen, um was auch immer zu erreichen, sind in der Fiktion des Films natürlich nicht erforderlich. Hier braucht es keine Vorerkrankungen oder Diskussion um Intensivbettenkapazitäten. Man lässt jung wie alt einfach unisono und äußerst reißerisch Blut aus allen Körperöffnungen laufen und sie innerhalb von 24 Stunden sterben oder eben immunisieren). Da man zunächst von Selbstmord ausgeht und demnach keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, kann das Virus zunächst unerkannt in die Bevölkerung der Insel einsickern. Ich möchte jetzt nicht zu sehr auf die spezifische Handlung der Serie eingehen oder gar spoilern, denn die komplette 1. Staffel ist in der ZDF-Mediathek aktuell kostenlos erhältlich. Das erfundene ´Taubengrippe-Virus´, eine Mutation der Vogelgrippe, wird im Gegensatz zu Corona als sehr mutationsfreudig dargestellt und hat aus spannungstechnischen Gründen in der Serie eine Mortalitätsrate von nahezu 90% (Anm.d.Red.: Nur falls es jemand vergessen haben sollte. Corona liegt immer noch weit unter 1%. Siehe dazu auch meine diversen Blogbeiträge, u.a. vom 11.05.20, `Von Teutonen und Wickingern´).
Natürlich unterscheidet sich die Serie über ein aggressives Virus gegen Ende sehr von der realen Corona Pandemie. Doch auch wenn im Film die Lage außer Kontrolle gerät und die Bevölkerung der Insel unter Einsatz der Bundeswehr in ein Todeslager gebracht wird. Die Zeit bis zur Eskalation hat sehr beängstigende Parallelen zu unserer Realität mit Corona. Das Herunterfahren des Landes, mit Abstands- und Hygieneregeln, die Versammlungsverbote, sogar das benützte Wording in den Pressekonferenzen und Medienberichten zeigen eine beängstigende Übereinstimmung (Anm.d.Red.: Die aktuelle Lage in Deutschland wird in der Serie sehr gut vermittelt, indem zu passenden Szenen, im Hintergrund immer Bruchstücke aus Nachrichten- und anderen Sendungen eingespielt werden, die die Ereignisse auf der Insel mit den Vorgängen in Restdeutschland und der Welt verknüpfen). Hier muss davon ausgegangen werden, dass es für Pandemielagen in Deutschland festgelegte Abläufe und teilweise sogar vorgefasste Texte gibt, die sich der oder die Drehbuchautoren sehr genau angesehen haben müssen. Anders kann ich mir die signifikanten Übereinstimmungen nicht erklären.
Ich habe mich ernsthaft gefragt, wieso diese Serie überhaupt eine Chance hat in Corona Zeiten ausgestrahlt zu werden, zumal die Regierung dabei sehr schlecht wegkommt. In dem fiktiven Szenario wird sie als hoffnungslos überfordert dargestellt, die ihre Bevölkerung letzten Endes nur noch als steuerzahlende Biomasse behandelt (Anm.d.Red.: Also wie immer, nur merkt man es nicht). Als die Situation aus dem Ruder läuft und Infizierte nicht mehr von Gesunden getrennt werden können, wird angeordnet, die Menschen nur noch von der eigenen Armee in Todeslager zu treiben, in denen, ohne jegliche medizinische Versorgung, nur noch das Glück über Leben und Tod entscheidet.
Was aber auf den ersten Blick wie das kurze Aufbegehren der freien Presse in diesen Zeiten aussieht, hält meiner Meinung nach einer genaueren Betrachtung nicht stand. Denn im Film versucht die fiktive Regierung, wahrscheinlich zum Machterhalt, den Zusammenbruch des Systems zu vertuschen und diskreditiert die Helden, die das schändliche Tun aufdecken und die Wahrheit berichten wollen. Das gipfelt schließlich darin, dass Deutschland zu einer Pseudodiktatur mutiert, in der die Bundeswehr den Schießbefehl erhält und das Internet abgeschaltet wird, um die Verbreitung von Videos aus den Lagern zu unterbinden.
In der aktuellen Corona Krise schlüpfen Spahn und Co. in perverser Weise in die Rolle der Whistle Blower des Films. Sie sind die Helden, die der Öffentlichkeit von der Gefährlichkeit des Virus erzählen und durch ihre schonungslose Offenheit tausende von Leben retten. Sie zeigen die katastrophalen Zustände in allen Teilen der Welt, in denen Massengräber ausgehoben werden und Militärtransporter Leichen wegbringen. Willkommen in der Realität, in der Corona Skeptiker, die den Kurs der Regierung anzweifeln, die Bösen sind. Psychologen attestieren ihnen, dass sie überfordert von der Situation sind und aus Hilflosigkeit ihre lächerlichen kleinen persönlichen Freiheiten fordern. Sie wittern überall Verschwörungen, verbreiten Fake News und gefährden letztendlich Menschenleben.
Es mag sein, dass ich inzwischen überall Gespenster sehe, aber ich halte genau diese Rollenumkehr für den Grund, warum dieser Film gesendet und in der Mediathek beim ZDF erhältlich ist, anstatt im Archiv verschwunden zu sein. Die Serie ist gut gemacht und auch wenn ich gewiss nicht scharf drauf wäre mit einer 90%-igen Wahrscheinlichkeit blutspuckend abzutreten, birgt der Fall des fiktiven Virus eine gewisse Verlockung: Drosten und Lauterbach spielen nicht mit!
Allerdings möchte ich noch zwei Schmankerl erwähnen, die kein Zufall sein können und die gewisse Plagiatsvermutungen zwischen Film und Realität nahelegen. So gibt es im Film eine kleine Gruppe, unsympathischer Widerständler gegen alles, was von der Obrigkeit kommt. Als sie, noch zu Beginn, zu einem, notwendigen Infektionstest aufgerufen werden, weigern sie sich. Dabei fällt, der aus der Corona Krise altbekannte Ausdruck des rechten Verschwörungstheoretikers für alle, die die Corona Gefahr oder die Maßnahmen anzweifeln. Zufall?
Aber noch ein zweites Beispiel ist interessant. Was haben wir über die Meldung gelacht, dass Trump vorgeschlagen hat gegen Corona Desinfektionsmittel zu spritzen und in der Folge Menschen mit Vergiftungserscheinungen in die Klinik eingeliefert wurden, die landesweit dem Vorschlag ihres Präsidenten gefolgt wären (Anm.d.Red.: Sogar ich habe mich darüber lustig gemacht, siehe mein Blog vom 25.03.20, ´Bad news´). Genau dieser Vorschlag kam ganz nebenbei in der fiktiven Serie.
Ich finde es nicht verwerflich, wenn Drehbuchautoren sich wahrer Begebenheiten bedienen und in ihren Filmen verwenden. Im vorliegenden Fall gibt es nur ein kleines Problem. Die Miniserie Sløborn wurde im Jahr 2019 abgedreht.