Regimekritiker

´Und Du, der gelernt hat, wehe Du hinterfragst, selbst wenn Du Deine Menschenrechte verlierst, selbst wenn Zahlen und Aussagen widersprüchlich sind, hinterfrage nichts, selbst wenn Menschen niedergeschlagen und verhaftet werden, das ist zum Wohl aller, also Blatt vorm Mund.´

Wenn der deutsche Gutmensch solche Worte in einem Video auf Facebook findet, verdrückt er sich normalerweise ein Tränchen des Mitgefühls, erachtet die blumige Wortwahl des arabisch aussehenden Sprechers als eine Bereicherung unserer sonst so nüchternen Sprache und preist Deutschland dafür, dass es so multikulti ist und jeder seine Meinung sagen darf. Was sich anhört wie ein Hilferuf eines Exiloppositionellen aus dem Iran, ist allerdings eine Stellungname eines gebürtigen Kölners zum Umgang hierzulande mit Corona Kritik. In diesem Moment ändert sich die Situation grundlegend eher hin zu einer Szene aus dem Klassiker mit Donald Sutherland von 1978 ´Die Körperfresser kommen´ (Anm.d.Red.: Die Erdbevölkerung war letztendlich von gleichgeschalteten Außerirdischen ersetzt worden und die letzten Menschen wurden gnadenlos gejagt. Ich beziehe mich auf die überzeichnete Geste und den markerschütternden Schrei, mit dem Außerirdische anzeigten, dass sie einen Überlebenden entdeckt hatten, damit er seinem traurigen Schicksal überstellt werden konnte). Mag sein, dass ich ein wenig übertreibe, aber die Art wie sich Politik und Medien auf Andersdenkende in der Corona-Krise stürzen hat zeitweise etwas Kafkaeskes. Im vorliegenden Fall war das Aerosol nach der Stellungnahme von Joshiko Saibou in einer Talkshow im Mai noch nicht zu Boden gesunken, da hatten die sonst so politisch korrekten Medien aus dem wortgewandten Mitbürger mit arabischen Wurzeln, Musterbeispiel der Integration und hoch im Kurs stehend, weil er sich zusammen mit seiner Freundin bei Sportprojekten in Afrika engagiert,  umgehend einen ´verwirrten Verschwörungstheorien anhängender Prediger´ gemacht.

Ich persönlich bin jetzt auch kein Freund solch blumiger Wortwahl, aber wenn wir mal das Pathos aus diesen Worten, nehmen, dann steht da: ´Obwohl keine Zahlen und Erkenntnisse belegen, dass Corona gefährlicher ist als jedes andere Virus, hat Deutschland eine Strategie gewählt, die eine Einschränkung der Persönlichkeitsrechte nach sich zog. Jegliche Kritiker dieses Vorgehens müssen vorsichtig sein, denn sie werden auf übelste diffamiert´. Anders ausgedrückt, Saibou hat schlicht und einfach dieselbe Meinung, die auch ich in diesem Blog seit Monaten vertrete (Anm.d.Red.: Was der Mann sonst noch so zu Corona gesagt hat und ob da wirklich krude Theorien á la Attila Hildmann dabei sind, kann ich nicht beurteilen. Sollte es sie je gegeben haben sind Kostproben aus erster Hand zumindest auf den ersten Blick im Internet nicht mehr zu finden. Was der Mann in den sozialen Netzwerken schreibt, kann ich als erklärter Gegner allerdings nicht beurteilen. Dafür findet man hunderte von offiziellen Pressemeldungen, allein in der letzten Woche seit seiner Teilnahme bei der Anti Corona Demo in Berlin, in denen man sich über Saibou das Maul zerreißt und ihn in die Nähe der Verschwörungstheoretiker rückt. Dank seiner ausländischen Wurzeln wird allerdings tunlichst vermieden ihn in die rechte Ecke zu stellen, wie es bei dem normalen ur-deutschen Corona-Skeptiker und Demonstranten so Brauch ist).

Seit Mai war es ruhig um Saibou. Ich muss zugeben, ich hatte den Mann noch nicht einmal auf dem Schirm, denn ich bin alles, aber kein Basketballfan. Außerdem war seine Bemerkung vom Mai für mich und offensichtlich auch in den Augen der Presse zu unbedeutend, um dem Mainstream gefährlich zu werden.

Doch von Anfang an. Joshiko Saibou, Basketballprofi bei den Telekom Baskets Bonn, wurde fotografiert, als er mit seiner Freundin der Leichtathletin Alexandra Wester an der berühmten Anti Corona Demo vom 01.08.20 in Berlin teilnahm. Da er neben der Einschränkung der Persönlichkeitsrechte auch gegen die Hygieneregeln der Bundesregierung demonstrierte, trug er wie alle anderen Teilnehmer keine Maske und hielt sich auch nicht an die von der Regierung erlassenen Anstandsregeln. Das erscheint verständlich, denn schließlich würde das Mitführen einer Kalaschnikow auf der Friedenskundgebung oder das Tragen eines Robbenpelzmantels zur Tierschutzdemo den Spirit der Sache auch stark verwässern.

Seine Haltung zu einem Thema bei einer dafür vorgesehenen Kundgebung offen zu zeigen, sogar wenn es in einer gesetzlichen Grauzone liegt, wäre vor Corona keines weiteren Kommentares wert gewesen. Natürlich sollte die Veranstaltung adäquat gewählt sein. Das zur Schau stellen von unverhüllten Geschlechtsmerkmalen außerhalb der eigenen vier Wände erfüllt beispielsweise beim Katholikentag sicher den Tatbestand der Erregung öffentlichen Ärgernisses und sollte strafrechtlich verfolgt werden. Wenn man aber beim CSD mitmarschiert und für den Heimweg seine liebsten Stücke wieder brav in die Textilien stopft, muss sogar der größte Spießer in unseren toleranten Welt damit leben.

Wenn man also gegen Masken und Abstand demonstriert und mit Gleichgesinnten einvernehmlich entsprechend ungeschützt zusammenkommt, mag das in den Augen der Obrigkeit aus Infektionsgesichtspunkten in Corona Zeiten nicht optimal sein, sollte aber tolerabel sein, insbesondere wenn man selbiges Verhalten auf ähnlich großen Veranstaltungen, wie etwa die Anti-Rassismus Demonstrationen, duldet. Gleiches Recht für alle!

 Natürlich funktioniert das nur im Demonstrationsumfeld und nur, wenn Skeptikern wie ich hinterher im öffentlichen Raum wieder die geltenden Vorgaben erfüllen. Ungeachtet für wie sinnlos man sie auch erachtet.

Doch zurück zu Joshiko Saibou und seinem Recht auf freie Meinungsäußerung. Sein Arbeitgeber sah das offensichtlich komplett anders und so wurde Saibou in der Woche darauf gefeuert. Laut Club ging es dabei nicht um seine Haltung zu Corona, auch bezüglich der Äußerungen vom Mai. Die sei vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt.  Vielmehr sähe man Saibou als Sicherheitsrisiko, weil er mit seinem Verhalten einen permanenten Ansteckungsherd darstellt, während der Verein und die Basketballliga gleichzeitig an einem Hygienekonzept arbeiten, um die Liga wieder starten zu können. Ich kann der Argumentationskette nicht folgen, Wäre das das der Fall, hätte eine Abmahnung gereicht und der Delinquent hätte eine zweite Chance verdient (Anm.d.Red.: Hier sei auch wieder der Querverweis zu den Black-Lives-Matter-Demos gestattet. RB Leipzig Fußballer Benjamin Henrichs lief dort seinerzeit auch ohne Mundschutz und ohne Konsequenzen mit.  Ich bin überzeugt, hätte Saibou vorher diese Demo ohne Maske besucht, hätte sein Verein sicher anders reagiert). Ich gehe demnach von einer Überreaktion aus und hoffe nicht, dass Druck auf den Verein ausgeübt wurde. Dafür würde sprechen, dass sich die Bonner Telekom Baskets nach eigenen Angaben schon zum Zeitpunkt der Entlassung ihrer schlechten rechtlichen Position bewusst waren und man damit rechne, bei einem Vergleich in die Vereinskasse greifen zu müssen. Ähnlich sieht das auch die entsprechende Spielerinteressengemeinschaft ´Athleten Deutschland e.V.´. Eigentlich ist es gar nicht mal so wichtig, wie der Streit zwischen Verein und Spieler ausgeht, ich finde es viel besorgniserregender, wie voreingenommen die Presse an den Fall herangegangen ist, denn die Medien als Kettenhunde der Regierung und Verteidiger der einen gültigen Meinung in der Corona-Krise spielen einmal mehr eine besonders armselige Rolle. Ohne das Thema vorher einmal von allen Seiten zu beleuchten, haben sie sofort nach der Entlassung begonnen die Person Saibou inklusive seiner Freundin zu demontieren. Dabei ist ihnen offensichtlich auch nicht die, oben beschriebene fehlende Logik in der Argumentationskette aller Inquisitoren aufgefallen, die sich berufen fühlten den Basketballer und seine Freundin der Corona-Ketzerei zu bezichtigen. Nur ein paar Blätter machten sich die Mühe einen Vergleich mit den ´schutzlosen´ Anti-Rassismus-Demos anzustellen, die meisten räumten Saibou gönnerhaft sein Recht auf freie Meinungsäußerung ein, nur um ihn umgehend zu beschuldigten, mit seinem Handeln andere Menschen zu gefährden, die ungefragt mit Corona infiziert und dahingerafft werden könnten (Anm.d.Red.: Lustigerweise ein Vorwurf, den ich von Anfang an der Bundesregierung und allen anderen Befürwortern der Schutz und Shutdown-Strategie mache. Die Kinder, die erwiesenermaßen in der dritten Welt zu tausenden sterben werden, hatten auch keine Wahl als man sich entschloss die Weltwirtschaft zu ruinieren, um in den Industrienationen eine paar von uns überfressenen Säcken trotz ihrer Wohlstandserkrankungen ein paar Monate mehr zu schenken). Dummerweise ist die Corona-Panik-Gemeinde inzwischen so in Rage, dass sie auch fordert, Saibou´s Freundin von den olympischen Spielen in Tokio 2021 auszuschließen. Die Presse griff auch diesen Ball  freudig auf und hat sich damit der Heuchelei in einem schweren Fall schuldig gemacht, denn es erschließt sich mir nicht, wieso eine Teilnahme an Olympia nach Corona in 2021 nicht möglich sein sollte, wenn es neben dem aktuellen Fehlverhalten nicht auch um Bestrafung einer Meinung gehen würde (Anm.d.Red.: Übrigens wurde die Leichtathletin noch einen Monat vor Corona in den höchsten Tönen gelobt, weil sie sich um die Förderung eines mittellosen afrikanischen Sprinttalents kümmerte. Inzwischen ist aber auch sie von der netten Sportlerin in die Ecke der kruden Verschwörungstheoretikerin gewandert. Soviel zur Meinungsfreiheit).

Den absoluten Klopper hat aber der Tagesspiegel gebracht, indem er Saibou nachsagte er würde sich als Märtyrer inszenieren, als dieser sich nach seiner Entlassung erdreistete sich zu beschweren. Klar, wenn die Polizei einen Nordafrikaner auf dem Spielplatz im Dortmunder Nordpark kontrolliert ist das Racial Profiling, aber wenn der Tagesspiegel einen in Köln geborenen Deutschen, der zufällig aussieht, wie Anis Amri kurz vor seinem Ausflug auf den Berliner Weihnachtsmarkt, mit einem von Islamisten besonders negativ geprägten Wort belegt, steck da keine Strategie dahinter. Merke: Nur weil es keinen Anglismus für dieses Vorgehen gibt (Anm.d.Red.:…oder ich den einfach noch nicht kenne), ist es deswegen nicht weniger arschig! Ich finde nicht nur rechte Polemiker sollten ein wenig auf ihre Wortwahl achten.

Armin Laschet hat es letzte Woche in einer Talkshow die aktuelle Problematik in der Diskussionskultur sehr anschaulich demonstriert. Er hat sich, gefragt nach seiner Meinung zu der Demonstration in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung, dergestalt geäußert, dass in Deutschland nach wie vor jeder seine Meinung sagen dürfte, wenn man sich an die Regeln hält. Darüber hinaus hätte sich die Regierung die ganze Pandemie über stets mit allen Seiten im Dialog befunden, wie mit der Corona-Bedrohung umzugehen sei. Hört sich zunächst sehr demokratisch an. Erinnert mich allerdings an das, was mein Opa vor ein paar Jahren gesagt hat, als ich ihn fragte, ob es im dritten Reich auch Kriegsgegner gegeben hätte.  Darauf hat er geantwortet, die hätte es natürlich gegeben und sie durften sogar frei entscheiden, ob sie an die Ostfront gehen oder gleich in der Heimat erschossen werden wollten. So geht es mir mit Corona. Jede Meinung ist erlaubt, solange man wie die Regierung an der Gefährlichkeit von Corona keinen Zweifel äussert.

 

Der Fall Joshiko Saibou, Coroner-Verschwörer oder nicht, kann einem Angst machen. Zeigt er nicht nur, wie in Corona-Zeiten mit der Meinungsfreiheit umgegangen wird und wie schnell man seine Lebensgrundlage verlieren kann, wenn man in diesen Zeiten nicht auf Linie ist.  Man erkennt plötzlich welche Vorteile die Regierung eigentlich von der von ihr verschuldeten Rezession hat. Durch die Krise sind Einrichtungen, Firmen, Einzelpersonen oder Gruppen von staatlichen Hilfen abhängig und plötzlich machen solche übereilten Aktionen, wie die des Bonner Basketballvereines Sinn, die auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen und den monetären Corona-Hilfen der Regierung abhängig sind. Wie heißt es so schön: ´Das Brot ich ess, das Lied, ich sing!´