Ein neuer Tag im Land derer, die keine Prozentrechnung können oder aus Glaubensgründen diesen Teil der Naturwissenschaften ablehnen. Gott sei Dank kennt nur das Virus keine Feiertage, Spahn, Wieler und all die anderen Spacken schon. Es ist wunderbar auch mal einen Tag ohne Pressekonferenzen auszukommen, in dem jeder sowieso seit Wochen nur versucht gleich drei Themen unter einen Hut zu bringen. Nein, nicht Volksgesundheit, Wirtschaft und Gemeinwohl, sondern Parteiraison, Karriere und Selbstschutz.
Auch ohne das, am Gründonnerstag behandelte, weil versehentlich öffentlich gestellte interne Strategiepapier des Innenministeriums (Anm.d.Red.: Ich bleibe dabei, solche Zufälle gibt es nicht. Dafür ist der Zeitpunkt einfach zu passend. Übrigens, in dem Papier, das am 18.03. entstanden sein soll, wird auf das Spendenprogramm von Kimmich und Goretzka hingewiesen, zu dem ich im Internet erst ab dem 20.03 Einträge gefunden habe), sollte klar sein, dass alle mit der Regierung verbandelten Personen in ein Horn blasen mussten. Nur durch diese Geschlossenheit waren die Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der letzten Wochen überhaupt möglich.
Die entsprechenden Karriereplanungsaktivitäten kann man beispielhaft sehr leicht bei den Herren Laschet und Söder beobachten, die es in den letzten Wochen immer wieder schafften zu der, ohnehin schon schweren Trennkost der Bundesregierung noch ein eigenes föderalistisches Amuse Gueule dazu zupacken. Die eigenen Ideen kamen stets früher als die Bundesbeschlüsse und/oder waren martialischer formuliert, hatten aber eigentlich den gleichen Inhalt. Während Laschet das Thema, der ohnehin zu führenden Exit-Strategie für sich postuliert, gibt der andere den Krisenmanager. Söder findet sogar die Zeit zum Münchner Flughafen zu fahren, um zwar nicht dem Chef der Lufthansa in den Hintern zu treten, aber sich zu inszenieren, wie er, selbstzufrieden lächelnd eine Palette mit aus China eingeflogenen Schutzmasken berührt, gerade so, als würde er die Qualität durch die Verpackung erfühlen können. Die Kanzlerambitionen lassen grüßen. Über das dritte Thema, den Selbstschutz ist alles gesagt und kann gerne in den Blogbeiträgen der letzten Wochen nachgelesen werden.
Kommen wir aber, wie Donnerstag angekündigt noch einmal zum Inhalt des versehentlich öffentlich gestellten internen Strategiepapier des Innenministeriums (Anm.d.Red.: Sorry für die Wiederholung, ich liebe den“ Ausdruck“ einfach), denn es gibt einen guten Ausblick, was in der nahen Zukunft passieren wird. Noch einmal, wer glaubt ich beteilige mich an Verschwörungstheorien, die sich mit der Einführung einer Diktatur oder anderen umstürzlerischen Fantasien beschäftigen, liegt falsch. Ich bin ein Misanthrop, ich glaube an die Schlechtigkeit des Individuums und mache mir nur Gedanken über das Maß an Rücksichtslosigkeit, das einige Menschen für den persönlichen Vorteil oder den einer Interessengruppe in Kauf nehmen.
Ungeachtet meiner Vermutung das Papier könnte bewusst veröffentlicht worden sein, zumal sich 2/3 ohnehin nur darum bemühen das bisher Geschehene als unumgänglich zu legitimieren, habe ich im letzten Teil meine Probleme mit den Empfehlungen für die Zukunft. Wenn ich mit der Einschätzung des Papiers bisher richtig lag, wird hier zunächst nur durch die Veröffentlichung versucht, den Rückhalt in der Bevölkerung für die weiteren Maßnahmen zu stärken, über die unsere Bundeskanzlerin bisher angeblich noch nicht nachdenken will (Anm.d.Red.: Kein Papier des Innenministeriums mit solchem Inhalt dürfte ohne Kenntnis von Angela Merkel intern verteilt werden, egal, ob es später zufällig oder bewusst lanciert wurde). Es geht um den Aufbau von Testkapazitäten, der Einführung einer Tracking App, sowie den künftigen Umgang mit Infizierten. Es wird zugegeben, dass der bisherige Shutdown angewiesen wurde, um zunächst die erforderlichen Ressourcen in ausreichender Menge bereit zu stellen. Gut, es waren also nicht die Beatmungsplätze und die lächerliche Nummer mit den Schutzmasken, wie ich zunächst angenommen hatte, sondern der Aufbau einer deutschlandweiten Infektionsüberwachung. Ich gebe zu, wenn ich mich irre, aber an der Unsinnigkeit des Shutdowns ändert es für mich nichts. Es wurden dem Volk schwachsinnige Regeln aufgedrückt und riesige Wirtschaftsschäden in Kauf genommen, um Zeit für den Ressourcenaufbau für diese zweifelhafte Strategie zu gewinnen. ´Flatten the curve´ war nur ein Vorwand, denn der Shutdown läuft seit Wochen und keiner beschäftigt sich mit der Frage, wieso man bei einer Durchseuchungsrate von 0,1% der Gesamtbevölkerung jetzt erst Lockerungen durchführen kann, die vorher bei 0,05% angeblich nicht möglich waren. Eine Frage, die wohl nie beantwortet werden wird.
Kommen wir also zu dem, was in den nächsten Wochen passieren wird. Es hat schon angefangen in den Pressekonferenzen vor Ostern. Subtil werden wir auf das vorbereitet, was uns in den nächsten Wochen bei der schrittweisen Lockerung erwartet. Damit wäre dann die nächste Runde ´Schubsen´ eröffnet. Um es wieder mit unserem 4-jährigen Kind vom Donnerstag und seinen beiden Outfits zu erklären: Die kratzige Strumpfhose, die uns die Regierung rausgesucht hat, wäre in diesem Fall ein weiteres Andauern der Beschränkungsmaßnahmen. Der Gesundheitsminister hat es sehr ausführlich erklärt, dass Nachlässigkeit bei der Kontaktsperre mit dem erneuten Einsperren bestraft wird. So gesehen eine geile Erziehungsnummer der Regierung. Wenn den Test bestehen und brav über Ostern alle Vorgaben einhalten, werden wir nächste Woche vielleicht belohnt. Allerdings ist ´Belohnung´ relativ, ein Verdurstender erwartet auch nicht unbedingt eine eisgekühlte Cola, sondern gibt sich auch mit lauwarmem Brackwasser zufrieden.
Das andere Outfit, das das Volk stattdessen wählen muss, ist etwas aufwendiger. Die Unterwäsche besteht aus den konsequent angewandten Hygienemaßnahmen, in die Armbeuge husten, Hände waschen und, wenn die Trottel es schaffen sollten endlich genug Mundschutz zu besorgen, vielleicht sogar Mundschutzpflicht. Man wird sehen! Eigentlich nichts, was der kultivierte Mitteleuropäer standardmäßig nicht im Portfolio haben sollte. Bis auf den schwachsinnigen Mundschutz natürlich. Die Oberbekleidung ist eine Uniform für alle: Tracking App, Corona-Infektionstest und Quarantäne.
Zentrales Instrument ist die Tracking App. Vor dem Hintergrund, dass die meisten potentiellen Nutzer bisher auch kein Problem damit hatten auf Facebook ihren nackten Hintern ins Internet zu strecken, sollten die Datenschutzbedenken zweitrangig sein. Trotzdem wird betont, dass die Nutzung anonymisiert ist. In jedem Fall arbeitet die App mit der Bluetooth-Funktion des Smartphones zusammen. Wenn zwei Geräte mehr als 15 Minuten weniger als zwei Meter voneinander entfernt waren - und aus epidemiologischer Sicht damit relevant - wird jeweils die anonyme ID des anderen ohne Ortsangabe auf dem Telefon abgespeichert. So sammeln sich im Laufe der Zeit sehr viele Kontakte auf dem eigenen Handy und die eigene ID auf fremden Handys. Wird man selbst dann positiv auf Corona getestet, muss man nur noch die gesammelten ID-Daten der anderen auf den Server laden, der das ganze Programm steuert. Dieser informiert dann automatisch alle Kontakte per App, dass sie sich umgehend in häusliche Quarantäne zu begeben haben und das Gesundheitsamt informieren sollen. Diese App macht nur Sinn, wenn mindestens 60% der Bevölkerung, also über 50 Mio. Menschen in Deutschland diese App nutzen. Man braucht kein Einstein zu sein, um sich auszurechnen, welche Testkapazitäten hier in den nächsten Wochen zur Verfügung stehen müssen.
Weitergehende Informationen sind zur App noch nicht zu bekommen. Es ist davon auszugehen, dass das Gesundheitsamt sich nach Anschlagen des Infektionsalarms in mehr oder weniger kurzer Zeit meldet und den betroffenen zu einer Teststelle leiten wird. Was jedoch dann passieren soll ist unklar. Da die App anonymisiert sein soll, dürfte keine Überwachung möglich sein, inwieweit sich ein Infizierter im Nachgang an die verpflichtende Quarantäne hält. Ich bin gespannt, wie hier verfahren werden soll, zumal offensichtlich auch große Kapazitäten bei Quarantäneeinrichtungen aufgebaut wurden. Wozu, wenn nicht zur zwangsweisen Abschottung renitenter Infizierter?
Auch wie die Erfassung geheilter Personen funktionieren soll, ist mir noch unklar. Wird es trotz Anonymisierung möglich sein, dass der Server dem Smartphone einer immunisierten Person nach abgeschlossener Quarantäne eine Info zusendet und die App fortan seinen Besitzer als ungefährlich durch die Gegend wandeln lässt? Dem Geheilten selbst eine Eingabe in der App zu überlassen oder gar eine Löschung selbiger vorzusehen, wäre zu fehlerbehaftet. Hier bin ich auf die Details gespannt.
Überhaupt ist das Handling geheilter Personen ein Punkt, den die Regierung bis heute so richtig verkackt hat. Mir haben Freunde, die inzwischen nach erfolgter Infektion immunisiert sind, erzählt, dass sie nach wie vor denselben Auflagen unterliegen, wie alle anderen. Es wurde ihnen weder eine Hafterleichterung zuteil, noch wurde ihnen die Möglichkeit gegeben, sich aktiv einzubringen. Blutplasma spenden oder sozialer Dienst im Pflegeheim ist jedenfalls sinnvoller, als dumm zu Hause rumzusitzen. Wahrscheinlich passten sie bisher einfach nicht in das Panikszenario der letzten Wochen. Ich gebe zu, ich habe mir auch nur wenig Gedanken gemacht, bin aber der Meinung, zunächst müsste man Immunisierte auf der Straße erkennen können. Allein schon deshalb, dass der deutsche Standarddenunziant nicht andauernd Amok läuft, wenn diese Menschen augenscheinlich Kontaktverbote ignorieren. Eine Markierung auf dem Revers erscheint mir, selbst wenn er in dem Fall positiv besetzt wäre, etwas zu sehr ´Drittes Reich´. Hier müsste man noch über Ausweise oder ähnliches nachdenken.
Es wird aber sicher nächste Woche sehr interessant zuzusehen, wie die Regierung es schaffen will auf 60% Beteiligung bei der Nutzung der Tracking App zu kommen. Eigentlich sollte man denken, dass alle auf Linie sind, denn nach offiziellen Meldungen stehen 80-90% der Bevölkerung hinter den Maßnahmen der Regierung (Anm.d.Red.: Eine daraufhin durchgeführte eigene nicht repräsentative Umfrage unter zehn Freunden, kam zum genau gegenteiligen Ergebnis. Sei´s drum!). Doch auf Statistiken, die man selbst gefälscht hat, sollte man nicht unbedingt aufbauen. Deshalb hat Jens Spahn vor Ostern schon mal mit der kratzigen Strumpfhose rumgewedelt, also den Shutdown bei zivilem Ungehorsam weiterhin aufrechtzuerhalten, um möglichst viele in die richtige Richtung zu schubsen.
Sicherlich wird es noch weitere maßgeschneiderte Lösungen geben müssen, denn gewisse Bevölkerungsschichten haben kein Problem damit, nicht vor die Tür zu dürfen. Ich denke hier werden die Verantwortlichen einige Anreize schaffen. Den Blöderen unter der deutschen Sonne verspricht man einfach einen Pack Klopapier, wenn sie die App aufs Handy laden. Die jüngere Generation, zwar nicht sterbe-, so denn doch übertragungsrelevante Zielgruppe auf Linie zu bekommen, stellt ebenfalls ein kleineres Problem dar, zumal per se schon mal keine angeborene Skepsis gegenüber Handyapps existiert. Der gezielte Post eines angesagten Influenzers oder ein verbilligtes Datenvolumen werden Wunder wirken. Wenn alle Stricke reißen, lässt man die Idioten einfach mit der Tracking App, natürlich immer unter Einhaltung der entsprechenden Sicherheitsabstände, ein Corona-Pokemon suchen.
Interessant wird es, zu sehen, wie die Regierung mit den Ü65 und den andern Risikogruppen umgehen will, bis die kontrollierte Durchseuchung abgeschlossen sein wird. Es dürfte trotz der besonderen Krisensituation schwer werden, ein paar Millionen Menschen auf unbestimmte Zeit wegzusperren, zumal jeder das Recht hat sein eigenes Leben in Gefahr zu bringen, wenn er dabei keine anderen gefährdet.
Es bleibt abzuwarten, wie die Situation nach Ostern weitergehen wird. An eines sollten sie aber immer denken: Auch wenn permanent das Gegenteil behauptet wird, weder unser Verhalten über Ostern oder in der nahen Zukunft wird auf die kommenden Entscheidungen Einfluss haben. Es ist egal, ob wir über Ostern die Sau rauslassen oder zu Hause sitzen. Die Regierung wird weiter so verfahren, dass die eigenen Interessen gewahrt bleiben und je nach Bedarf die kratzige Strumpfhose mal hier und mal dahin hängen. Aber Dank des ´Nudgings´ werden wir wenigstens stets das gute Gefühl haben, nicht nur selbst sondern auch die richtige Entscheidung getroffen zu haben.