Es wird weiter an der Ausgangssperre gearbeitet. Noch traut sich aber keiner der Großkopferten diesen finalen Schritt zu gehen. So ist ab heute für die Preußen ein Kontaktverbot online. Der Freistaat Bayern braucht wie immer eine Extraweißwurst und nennt das Ganze ´Ausgangsbeschränkung´. Wo der genaue Unterschied liegt, weiß der Himmel. Es muss einen geben. Zumindest sollen sich Söder und Laschet darüber gestern in der täglichen Krisentelco lautstark und ausgiebig gestritten haben.
Sei´s drum! Nach tagelangen semi-erfolgreichen Appellen an die Vernunft der Bevölkerung war der Schritt abzusehen. An dieser Stelle sollte angemerkt werden, dass die Vernunft nicht unbedingt die herausragende Stärke des deutschen Ottonormalos ist. Dennoch muss man zu seiner Ehrenrettung anführen, dass Politik und Medien durch missverständliche und teils widersprüchliche Aussagen stets dafür gesorgt hatten, dass sogar Menschen mit einem gesunden Restverstand nie eine Chance hatten, besagte Vernunft walten zu lassen. Im Minutentakt verkündete die Presse fleißig was Bund, Land und RKI von sich gaben. Von totaler Isolation des Individuums bis zu einem Leben in sexueller Erfüllung unter Einhaltung der Hygienebestimmungen war alles dabei. Auf der sicheren Seite konnte sich bei all diesem Hin und Her eigentlich nur der Schizophrene wähnen, konnte er seine multiplen Persönlichkeiten wahlweise zum Einkaufen oder Friseur schicken, um sich später ungestraft mit ihnen wieder im Park zum Sport zu treffen. Bei all den Ungereimtheiten muss man nicht unbedingt Verschwörungstheoretiker sein, um hier eine Nachtigall trapsen zu hören…es ist zumindest diskussionswürdig, dass seit heute auch jene, die seit Wochen allen Vorgaben eingehalten haben, nun wie der gemeine BVB Fan, Opfer einer Kollektivbestrafung geworden sind.
Die Hauptschuld an den Ausgangsbeschränkungen tragen offensichtlich die missglückten Erziehungsexperimente meiner Generation bei denen, dank der krudesten Erziehungsratgeber, in Massenproduktion Egomanen herangezüchtet wurden. Die weniger Geschädigten unter ihnen hatten nicht weiter gestört, als sie sich noch freitags auf öffentlichen Plätzen den Hintern für ´Zopf Greta´ platt saßen. Die Depravierteren dagegen sind aber un-glücklicherweise nach Schließung der Schulen mit Shisha und Bier bewaffnet in den Park gewandert und haben den Infektionsherd gegeben. Apropos Park, ich nehme an, dass in den Geschichtsbüchern später geschrieben steht, dass im März 2020 das sonnige Wetter zur Pandemiezeit Deutschland letztendlich in die Knie gezwungen hat.
Nach der Verkündung der neuen Vorgaben hat sich unsere Angela kurzerhand in die Quarantäne verabschiedet. Zurück blieben all jene mit einem großen Fragezeichen auf der Stirn, denen auch schon vorher klar war, dass von der eigenen und nicht einer fremden Armbeuge die Rede war, wenn es darum ging irgendwo reinzuhusten (Anm.d.Red.: Die anderen, die über diesen Witz bisher nicht lachen konnten, hatten auch ein Fragezeichen auf der Stirn. Lassen sie es mich sagen: Bei ebay würde es jedoch unter der Rubrik Vintage angeboten werden). Bis auf die Schließung der Friseursalons habe ich keine Anordnung gefunden, die nicht jeder auch schon vorher unter Zuhilfenahme des gesunden Menschenverstandes hätte praktizieren können. Wenn man also davon absieht, dass mittelfristig mehr Menschen mit der Frise von Donald Trump rumlaufen, helfen die neuen Anordnungen wohl mehr der Exekutive, die nun klarere Vorgaben und härtere Strafen im Köcher hat.
Ich bin kein Freund dieser kollektiven Ausgangsbeschränkungen, vor allem, weil nicht sichergestellt werden kann, ob das dadurch unterstütze Modell ´Flatten the curve´ überhaupt medizinisch zielführend sein wird. Wie lange können die immer rigider werdenden Maßnahmen überhaupt im Hinblick auf soziale und wirtschaftliche Aspekte realistischerweise aufrechterhalten werden? Was passiert danach? Dann ist Frühling, alle nicht Infizierten machen weiter wie vorher und sind weiter eine Gefahr für Alte und Kranke.
Es gibt einige Stimmen, die dagegen eine kontrollierte Durchseuchung der Bevölkerung für die bessere Lösung halten. Es ist nicht erst seit der letzten Grippewelle bekannt, dass alle Viren ihren Drive verlieren, haben erst einmal über achtzig Prozent der Bevölkerung die Infektion überstanden. Warum also nicht alle Risikogruppen, die Generation Ü65 und Personen mit entsprechenden Vorschädigungen für eine absehbare Zeit unter Quarantäne stellen und gleichzeitig der Corona Welle seinen geregelten Gang gehen lassen? Bei einer Sterberate von zurzeit unter 0,05% und dem nach wie vor meist unkritischen Verlauf bei Personen unter 60 ein durchaus kalkulierbares Risiko welches im Erfolgsfall viele Menschenleben retten könnte. Ich würde mich auf jeden Fall besser bei dem Gedanken fühlen, meine Eltern ein paar Wochen unter besonderen Schutz zu stellen, als sie noch bis zur Einführung eines Impfstoffes in frühestens einem Jahr einer unkalkulierbaren Gefahr auszusetzen.
Das von mir präferierte Vorgehen hätte jedoch ein veritables Problem. Beide Modelle sind Versuchsanordnungen mit ungewissem Ausgang, jedoch dient ´Flatten the curve´ der Prävention zum Schutz vor Ansteckung. Ein Scheitern, selbst in seiner grandiosesten Form mit vielen Opfern, wäre letzten Endes Schicksal oder eine Verkettung unglücklicher Umstände. Nur ein einziges Todesopfer im Rahmen einer gesteuerten Durchseuchung dagegen, stellt ein ethisches Dilemma dar. In der Philosophie besser bekannt als das ´Trolley-Problem´ (Anm.d.Red.: Das Trolley-Problem ist ein moralisches Gedankenexperiment, das in neuerer Zeit von Philippa Foot beschrieben wurde. Ohne zu tief einsteigen zu wollen, nur so viel: Eine Straßenbahn - engl. Trolley - ist außer Kontrolle geraten und droht, fünf Personen zu überrollen. Durch Umstellen einer Weiche kann die Straßenbahn auf ein anderes Gleis umgeleitet werden. Unglücklicherweise befindet sich dort eine weitere Person. Darf - durch Umlegen der Weiche - der Tod einer Person in Kauf genommen werden, um das Leben von fünf Personen zu retten?). Ein Schalk, der jetzt Böses dabei denkt. Unglückliche Umstände überlebt man bisweilen als Politiker, ethische Dilemmas erfahrungsgemäß nie.
Boris Johnson könnten ähnliche Gedanken geleitet haben, gehörte er doch eine Zeit lang zu den glühenden Befürwortern der kontrollierten Durchseuchung, ruderte dann aber sehr unerwartet und vehement zurück. Ob er jetzt, was weniger wahrscheinlich ist, einen Blick in ein Buch über die englischen Philosophen des 20. Jahrhunderts oder nur auf sein marodes Gesundheitssystem geworfen hat, werden wir wohl nie erfahren. Mir ist es jedenfalls nicht peinlich eine Meinung mit ihm geteilt zu haben. Nur weil es Cathy Hummels gibt, werde ich auch kein Schalke Fan?!
Das auch die glühenden Verfechter der Ausgangsbeschränkung nicht vollends an den Erfolg ihrer Strategie glauben ist bereits wenige Stunden nach dem Auftritt der Bundeskanzlerin festzustellen. Die berühmten Hintertürchen werden vorsorglich in das Gedankengebäude eingebaut. Für den Fall, dass die Zahl der schweren Verläufe und/oder Todeszahlen weiter ansteigen sollte, wurde schon vorsorglich darauf hingewiesen, dass für diesen Fall die notwendigen Maßnahmen ganz klar gerechtfertigt aber viel zu spät ergriffen worden waren.